Widerstand gegen Brenner-Nordzulauf: „Schwerwiegende raumordnerische Defizite“
"Rotwesten" demonstrierten bereits Ende Januar 2019 vor dem Landratsamt Rosenheim für eine "bedarfsgerechte" Nordzulaufstrecke zum Brennerbasistunnel. Foto: Olaf Konstantin Krueger
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Widerstand gegen Brenner-Nordzulauf: „Schwerwiegende raumordnerische Defizite“

Rosenheim – Der Landkreis Rosenheim hat sich beim Raumordnungsverfahren zum Brenner-Nordzulauf klar positioniert: Alle fünf geplanten Grobtrassen werden in einer einstimmig verabschiedeten Stellungnahme „aufgrund der schwerwiegenden raumordnerischen Defizite abgelehnt“. Durch die bereits vorhandene Infrastruktur bliebe kein Spielraum für eine verträgliche oberirdische Neubautrasse. Obendrein müsse die DB Netz AG zunächst den Bedarf einer Neubaustrecke zweifelsfrei nachweisen. Indessen bekräftigen der „Brennerdialog Rosenheimer Land e. V.“ und der „BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN)“ ihre Positionen: Jede der fünf Grobtrassen bedeute schwerwiegende Folgen für Anwohner, Wirtschaft, Landwirtschaft, Natur und Landschaft. Die Regierung von Oberbayern prüft nach dem Ende der Einwendungsfrist nun, ob sich aus dem Verfahren triftige Gründe gegen die Vorschläge der DB ergeben. Mit einem Ergebnis ist bis Ende des Jahres zu rechnen.

Der Landkreis Rosenheim sollte einstimmig sprechen, um gehört zu werden, hatte Landrat Otto Lederer (CSU) empfohlen. Tatsächlich gelang Lederer auf einer gemeinsamen Sitzung in Bruckmühl, die unterschiedlichen Ansichten der Mitglieder des Umwelt- und Kreisausschusses sowie des Kreistags in einem Positionspapier zum Raumordnungsverfahren (RoV) für den Brenner-Nordzulauf zu vereinen. So unterstrich der Landkreis, der Planungsraum sei „aufgrund seiner Topografie, Siedlungsdichte, Natur, Landschaft, Landwirtschaft, des Tourismus und der bereits vorhandenen Infrastruktur besonders anspruchsvoll und empfindlich“. Da die vorhandene Infrastruktur jedoch keine Möglichkeit für eine verträgliche oberirdische Neubautrasse böte, lehne der Landkreis alle fünf bislang geplanten Trassen aufgrund der schwerwiegenden raumordnerischen Defizite ab.

Kernforderungen des Positionspapiers

Vier Kernforderungen stellt der Landkreis in seiner Stellungnahme auf, denn die negativen Auswirkungen des Trassenbaus auf das eng geschnittene Inntal seien „für Mensch und Natur erheblich“. Erstens soll die Trasse weitestgehend unterirdisch verlaufen. Lederer verweist hierbei auf Tirol, wo 80 Prozent der 40 Kilometer langen Zulaufstrecke unter der Erde verliefen. Zweitens sollten die Verknüpfungspunkte ebenfalls unterirdisch sein. Drittens sollten jene Streckenabschnitte, die oberirdisch verlaufen müssen, einen über das gesetzliche Maß hinausgehenden Lärmschutz erhalten. Und viertens solle die DB ein Konzept über die Auswirkungen des Baus vorlegen, wie Materiallieferungen zur Baustelle, Erdaushub und Abraummanagement erfolgten.

Der Landkreis fordert zudem ein schlüssiges Gesamtkonzept, wie durch den Brenner-Nordzulauf der Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden soll. Geprüft werden müsse überdies, ob das RoV so lange aufgeschoben werden könne, bis der Trassenverlauf von Ostermünchen über Grafing bis München planerisch geklärt sei. Lederer zufolge gehe der Landkreis in seiner Stellungnahme an die Regierung von Oberbayern, die das Raumordnungsverfahren durchführt, bewusst nicht auf einzelne Trassen ein, da der Landkreis von allen fünf betroffen sei.

Widerstand der Gegner

Der „Brennerdialog Rosenheimer Land e. V.“, der 14 einzelne Gruppen vereinigt, und der „BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN)“ sehen bei allen fünf Trassenvorschlägen der Deutschen Bahn massive Folgen für Anwohner, Wirtschaft, Landwirtschaft, Natur und Landschaft. Die Trasse werde zudem als Hochgeschwindigkeitsstrecke geplant, obwohl dies für den Güterverkehr kontraproduktiv sei. „Eine echte, neutrale Alternativenprüfung in Form des Ausbaus der Bestandsstrecke wurde nicht durchgeführt, verschiedene Möglichkeiten zur Optimierung des Verkehrs auf der Schiene fanden keine Beachtung“, erklären beide in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Unterdessen hat der Verein „VCÖ – Mobilität mit Zukunft“, auch bekannt als „Verkehrsclub Österreich (VCÖ)“, festgestellt, dass der europäische Güterverkehr zusehends durch Tirol nach Italien rollt. Während der Lkw-Verkehr über die Schweizer Alpenpässe seit 2010 um ein Viertel abgenommen habe, sei er über den Brennerpass um ein Drittel gestiegen: 2019 seien 2,47 Millionen Lasten- und Sattelzüge über den Brenner gefahren – rund drei Mal so viele wie über alle Schweizer Alpenpässe zusammen (0,81 Millionen). Diesen Transitverkehr will der VCÖ eingedämmt sehen – durch das Streichen der Steuerbegünstigung auf Diesel, die Absenkung der Toleranzgrenze beim Überschreiten von Geschwindigkeitsbegrenzungen sowie die Einführung einer Lkw-Maut, die wie in der Schweiz durch Abgase und Lärm verursachte Schäden beinhalte.

Dr. Olaf Konstantin Krueger

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