Die Vogelgrippe hat Oberbayern erreicht. Immer mehr kranke und tote Vögel werden entdeckt, die mit der hochansteckenden Form des Influenzavirus „H5N8“ infiziert sind.
Menschen und Haustiere sollen den direkten Kontakt mit kranken und toten Wildvögeln vermeiden. Diese Vögel sind keinesfalls zu berühren, auch nicht mit dem Schuh, sondern umgehend der zuständigen Veterinärbehörde zu melden. Jäger, die mit Federwild in Berührung gekommen sind, dürfen nicht mit Nutzgeflügel in Kontakt kommen. Die Landratsämter empfehlen Geflügelhaltern als Vorsorgemaßnahme die Stallpflicht. Zwar besteht zum jetzigen Zeitpunkt keine Gefahr für den Menschen. Doch das Virus könnte sich durch Unbekümmertheit schnell weiterverbreiten.
Vogelgrippe ist eine durch bestimmte Viren verursachte Infektionskrankheit. Sie betrifft meist nur Geflügel. Fachleute unterscheiden schwach-, mittel- und hochpathogene, also krank machende Erreger. Influenzaviren enthalten auf ihrer Oberfläche Eiweiße, die mit der Abkürzung H für „Hämagglutinin“ und N für „Neuraminidase“ bezeichnet werden. Ihre Kombination wird in Typen kategorisiert. Bislang sind 16 verschiedene Hämagglutinasen und neun verschiedene Neuraminidasen bekannt. Gefährlich können die Influenzaviren der Subtypen H5 und H7 werden. Schwachpathogene Influenzaviren dieser beiden Subtypen verursachen bei Geflügel kaum oder nur milde Krankheitssymptome. Mutieren diese Influenzaviren jedoch zu einer hochpathogenen Form der klassischen Geflügelpest, zeigen die Vögel schwere allgemeine Krankheitszeichen.
Infektionsrisiko beim Menschen
Dem „Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI)“ zufolge sind einzelne Grippeviren bei sehr intensivem Kontakt auch für den Menschen gefährlich. Bei einer Infektion heften sich die Influenzaviren hauptsächlich an oberflächliche Zellen des Atemtraktes, die Epithelien, an. Da die Epithelien bei Menschen und Vögeln verschieden sind, führt nicht jeder Kontakt mit dem Influenzavirus zur Erkrankung. Allerdings sind in der Vergangenheit bereits „H7N9“ und „H5N1“ auf den Menschen übertragen worden. Damit kann in Einzelfällen nicht ausgeschlossen werden, dass es auch zur Infektion von Mensch zu Mensch gekommen ist.
Grippeähnliche Symptome
Zwei bis fünf Tage nach der Infektion treten dann grippeähnliche Symptome auf: Halsschmerzen, Husten, Atemnot und hohes Fieber. Etwa die Hälfte der Patienten klagt über Beschwerden des Magen-Darm-Trakts: Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen. Entwickelt sich eine schwere Lungenentzündung, führt diese in über der Hälfte der Fälle zum Tod. Meist liegt dies an einer Sekundärinfektion mit Bakterien, die ein geschwächtes Immunsystem attackieren.
Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, wird manchmal vorsorglich der gesamte Vogelbestand getötet, wenn nur ein erkranktes Tier entdeckt wird. „H5N8“ kann in unterschiedlich gefährlicher Form auftreten. Eine hochpathogene Variante wurde erstmals Anfang 2014 in Südkorea bei Geflügel und Wildvögeln nachgewiesen. Im Verlauf diverser Ausbrüche wurden sicherheitshalber mehrere Millionen Vögel getötet. Seit November 2014 wurden solche Grippeviren europaweit in Geflügelbetrieben entdeckt. Eine Infektion von Menschen und Haustieren aber wurde laut FLI bislang weltweit nicht bekannt.
Infektionsrisiko bei Haustieren
Hunde gelten nicht als Überträger des Influenzavirus. In Asien wurde allerdings „H5N1“ mehrfach bei Hunden nachgewiesen. Katzen wiederum sind schon an einer Infektion mit „H5N1“ in Asien verstorben. Wird eine Drei-Kilometer-Sperrzone am Fundort eines mit „H5N1“ infizierten Tieres eingerichtet, so dürfen Hunde nur angeleint das Haus verlassen, Katzen müssen im Haus verbleiben. Die üblichen Hygieneregeln sind einzuhalten: den Kontakt mit Speichel vermeiden und nach dem Kontakt die Hände waschen. Fängt ein Haustier einen Wildvogel, sollte der Kontakt zum Beutetier vermieden, dieses nicht entsorgt, sondern von der örtlichen Veterinärbehörde untersucht werden. Infizierte Haustiere zeigen Symptome wie bei einer Bronchitis oder Lungenentzündung. Entsprechend ist ein Tierarzt zu konsultieren.
Vorsichtsmaßnahmen
Derzeit ist „H5N8“ bei Wildvögeln in Polen, Ungarn, der Schweiz, Österreich und Deutschland verbreitet, weshalb von einem „hohen Eintragsrisiko“ durch direkte und indirekte Kontakte zwischen Nutzgeflügel und Wildvögeln auszugehen ist. Das betrifft insbesondere Haltungen in Regionen mit hoher Wildvogeldichte und in der Nähe von Wildvogelrast- und -sammelplätzen. Das FLI hat zudem Anhaltspunkte für eine Veränderung des Influenzavirus. Deshalb empfiehlt das Institut unter anderem die „risikobasierte Einschränkung der Freilandhaltung“ von Geflügel und strenge Biosicherheitsmaßnahmen in allen Geflügelbetrieben. Dem folgend hat das Landratsamt Rosenheim eine Allgemeinverfügung erlassen, nachdem rund um den Chiemsee 18 verendete Reiherenten aufgefunden wurden, bei denen der Subtyp H5 nachgewiesen wurde. Danach sind alle Tierhalter im Umkreis von drei Kilometern vom Chiemsee aufgefordert, ihr Geflügel aufzustallen: Das Nutzgeflügel ist in geschlossenen Ställen oder unter einem Dach zu halten. Direkte und indirekte Kontaktmöglichkeiten zwischen Nutzgeflügel und Wildvögeln sind zu vermeiden. Die Eingänge zu den Geflügelhaltungen müssen mit geeigneten Einrichtungen zur Schuhdesinfektion versehen sein. Vögel zur Aufstockung des Wildvogelbestands dürfen nicht freigelassen werden.
Keine Gefahr für Menschen
Für den Menschen besteht laut Landratsamt keine Gefahr: Geflügel und Eier können weiterhin ohne Einschränkung gekauft und verzehrt werden. Diese Lebensmittel sollen wie üblich gut erhitzt und durchgegart werden.
Olaf Konstantin Krueger