Männerdomäne… irgendwie hat dieser Begriff so etwas Rabiates an sich, bezeichnet er doch lediglich ein Gebiet, auf dem ein Mann besonders gut Bescheid weiß. Die Autobranche, zum Beispiel. Sie ist das berufliche Zuhause von Uschi Bernegger-Schneider. Zusammen mit ihrem Bruder Siegfried leitet sie das Rosenheimer Autohaus Bernegger, den „Familienhaufen“, wie sie ihr Unternehmen liebevoll nennt.
Ihr Arbeitstag beginnt früh morgens um kurz nach sieben mit einem Gang durch Lager und Werkstatt. „Ich schätze dieses Ritual, den Austausch mit den Mitarbeitern und die Möglichkeit, zu erfahren, wie es zum Beispiel daheim mit den Kindern läuft – wenn’s irgendwo zwickt, dann erfahre ich es hier.“
Unsere Redakteurin Nina Bufalino im Gespräch mit Uschi Bernegger-Schneider.
Wie fange ich am besten an, ohne mich gleich als schnöden Schubladendenker zu outen?
Ich komme Dir gerne entgegen! Also, der Doppelname lässt es zwar vermuten, aber ich wurde nicht in das Autohaus eingeheiratet. 1965 hat sich mein Vater Siegfried Bernegger, zunächst noch in einer kleinen Garage, selbstständig gemacht. Meine Mama Ursula hielt ihm mit der Organisation des Büros und der Familie den Rücken frei. Und heute führe ich zusammen mit meinem Bruder Siegfried das Autohaus Bernegger als GmbH begleitet von einem wunderbaren Mitarbeiter-Team.
Jetzt muss ich aber trotzdem noch mal zurück zu meiner peinlichen Schublade: Eine Frau in einer Männerdomäne, wie fühlt sich das an und wolltest Du da überhaupt hinein?
Viel wichtiger als veraltete Klischees sind doch Know-how, Leidenschaft und Einsatzwille, und das gilt in jeder Branche. Jeder von uns ist einzigartig mit seinen Schwächen und Stärken, Vorlieben und Talenten – unabhängig davon, ob Frau oder Mann. Für mich ist es ein Mehrwert, in dieser Männerdomäne die Facetten meiner Persönlichkeit entfalten zu können. Und zu Deiner zweiten Frage, mein Traum war es ursprünglich, in der Bank zu arbeiten. Den Umgang mit Finanzen, das fand ich spannend, ich hatte auch schon den Ausbildungsvertrag in der Tasche.
Es war also nicht selbstverständlich für Deine Eltern, dass Du mit einsteigst?
Nein, sie ließen mir freie Hand bei der Berufswahl. Genauso wie wir das nun auch bei unseren Kindern tun. Meine Mutter hatte damals zwei Mitarbeiterinnen im Büro, als eine der beiden plötzlich umziehen musste und die andere zeitgleich in den Mutterschutz ging. Sie war nie jemand, der um Hilfe bat, in diesem Fall musste sie es eh nicht, ich wusste auch so, was zu tun war. Heute bin ich überglücklich, dass ich im Autohaus „hängengeblieben“ bin.
Wie hat sich Dein Leben dort gestaltet?
Nun, so fremd war mir die Branche ja nicht. Um mein Taschengeld aufzubessern, jobbte ich regelmäßig im Autohaus. Während der Ausbildung arbeitete ich im Verkauf auf Provision und merkte schnell, dass ich genau da hingehörte. Und ich muss zugeben, dass ich anfangs sogar ein wenig enttäuscht war, dass die Zielgruppe für unsere Marke Fiat zunächst fast nur aus Frauen bestand. Das hat sich mit den neuen Modellen allerdings rasant verändert. Inzwischen leite ich den Verkauf für Alfa Romeo und Jeep, mein Bruder Siegfried ist zuständig für Fiat, Fiat Professional und Abarth.
Greift bisher alles wunderbar ineinander, bisher – und was passiert, wenn das Autohaus abends seine Türen schließt?
Dann genieße ich den Feierabend mit meinem Mann Mathias und unserem Sohn David! Zusammen kochen, essen, ratschen… das sind Momente, die mich erfüllen und glücklich machen.
Ist der Nachwuchs interessiert an der Automobilbranche?
Unser Sohn ist 16 und in der Ausbildung als KfZ-Mechatroniker im Autohaus. Ihm ist es wichtig, das Geschäft von der Pike auf zu lernen. Raphael, der Sohn meines älteren Bruders, ist unser Serviceleiter und seine Schwester Franziska, Automobilkauffrau in der Ausbildung zur zertifizierten Automobilverkäuferin, bereichert das Unternehmen zusätzlich im Social Media Bereich! Die jungen Leute sind ein enormer Mehrwert. Sie sind nicht so verkopft und genießen unseren vollen Rückhalt bei ihren Entscheidungen. Es erfüllt mich schon mit Stolz, zusammen mit meinem Sohn David in der Früh in die Arbeit zu gehen. Raphael ist einfach saucool, verliert nie den Humor und seine Art im Umgang mit Mitarbeitern und Kunden ist großartig. Mein Wunsch ist, dass die Jugend von unseren Erfahrungen profitiert, daran anknüpft und sich frei fühlt, eigen Impulse zu setzen.
Wie sieht es bei Dir denn mit ausgelassenen Abenden unter „Mädels“ aus?
Lustige Abende in meinem Freundeskreis oder zusammen mit meiner besten Freundin und Trauzeugin Petra sind mein liebster „Mädels-Abend“. Wir kennen uns seit unserer Jugend, haben Höhen und Tiefen miteinander erlebt und es gibt immer eine Unmenge an Themen zu besprechen. Und ja, auch mich gibt es dann in Jogginghose, mit Birkenstocks und Dutt!
Ah, die Trauzeugin. Welch wunderbare Vorlage für meine krönende Abschlussfrage! Ist Dein Mann Mathias auch in der Autobranche tätig?
Nein, das ist er nicht! Mathias ist der Beste aller Männer und auch nach 25 gemeinsamen Jahren noch mein absoluter Traummann! Ich schätze seine Meinung, seine Sicht der Dinge als unabhängiger Dritter und seine Objektivität. Ohne ihn wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin!
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Uschi Bernegger-Schneider. Es war mir ein Vergnügen.
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