Streit um Datenschutz in der Schule: Fotografierverbot wegen der EU-DSGVO?
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Streit um Datenschutz in der Schule: Fotografierverbot wegen der EU-DSGVO?

Misstrauische Erziehungsberechtigte, eingeschüchterte Lehrkräfte, verunsicherte Schuldirektoren: Einige Erziehungsberechtigte verweigern eine datenschutzrechtliche Einwilligung, wonach Lehrkräfte Fotos von der Einschulung und von Schulklassen anfertigen und veröffentlichen können. Manche Direktoren erlassen sogar ein generelles Fotografierverbot, vorgeblich aus datenschutzrechtlichen Gründen. Sind solche Fotos nun ein Datenschutzverstoß, gar verboten durch die Europäische Datenschutzgrundverordnung?

Allgemein gilt: Die im Schulbetrieb zwangsläufig erhobenen und verarbeiteten personenbezogenen Daten unterliegen besonderem Schutz. Für Erhebung und Verarbeitung von Daten, die nicht zwingend erforderlich sind, wird eine datenschutzrechtliche Einwilligung benötigt – in der Regel von den Erziehungsberechtigten, wenn die Schüler minderjährig sind. Werden digitale Hilfsmittel genutzt, ist die Datensicherheit zu gewährleisten.

Abbildungen natürlicher Personen sind personenbezogene oder personenbeziehbare Daten, weshalb deren Erhebung und Verarbeitung unter die geltenden Datenschutzgesetze fällt. Faustregel: Im Allgemeinen ist gestattet, andere Personen auch ohne deren explizite Einwilligung abzubilden, sofern die Fotos allein für den privaten Gebrauch gedacht sind, die betroffene Person dem nicht eindeutig widerspricht und die Aufnahme kein Verstoß gegen die allgemeinen Persönlichkeitsrechte darstellt. Dagegen ist die Verbreitung regelmäßig nur zulässig, wenn die abgebildete Person hierin eingewilligt hat, begründet im Recht am eigenen Bild. Der Verstoß gegen das geltende Recht kann mit einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden.

Die Europäische Datenschutzgrundverordnung – kurz: EU-DSGVO – enthält EU-weit gültige Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Verkehr solcher Daten. Im Detail regelt die EU-DSGVO die vollständig oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem strukturierten Dateisystem gespeichert sind.

Regelungen der EU-DSGVO

Die Europäische Datenschutzgrundverordnung hat das Datenschutzrecht in der Europäischen Union harmonisiert und modernisiert. Hiernach gehören zu den datenschutzrechtlichen Grundprinzipien das „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“, die „Datenvermeidung und Datensparsamkeit“, die „Zweckbindung“ und die „Transparenz“. Die DSGVO widmet einen ihrer 99 Artikel auch einer Begriffsbestimmung der verwendeten Ausdrücke. So sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen (Art. 4 Abs. 1 DSGVO). Danach gelten natürliche Personen als identifizierbar „mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einen Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität“ sind.

Verarbeitung ist das automatisierte und das nichtautomatisierte Erheben, Erfassen, Organisieren, Ordnen, Speichern, Anpassen, Verändern, Auslesen, Abfragen, Verwenden, Offenlegen durch Übermittlung, das Verbreiten oder die Bereitstellung, der Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung personenbezogener Daten (Art. 4 Abs. 2 DSGVO). Festzuhalten ist: Die Darlegungslast für die Notwendigkeit eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung liegt bei demjenigen, der diesen Eingriff vornehmen will. Folge: Die Datenverarbeitung ist nur dann zulässig, wenn eine Einwilligung der betroffenen Person oder eine bestimmte Ausnahme vorliegt, etwa um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person zu schützen.

Datenschutzrecht fordert keine Fotografierverbote

Die EU-DSGVO formuliert bündig, die Verordnung findet keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten (Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO). Diese sogenannte „Haushaltsausnahme“ bedeutet: Fotos, die etwa auf Familienfeiern und Schulveranstaltungen angefertigt werden und nur der eigenen, persönlichen Erinnerung dienen, sind erlaubt. Deshalb stellt Rechtsanwalt David Seiler, der auf Fotorecht spezialisiert ist, in seinem Blog fotorecht-seiler.eu klar: „Das Datenschutzrecht, die DSGVO, fordert keine Fotoverbote an Schulen und Kindergärten. Für private Erinnerungszwecke darf aus datenschutzrechtlicher Sicht weiterhin wie bisher fotografiert werden, solange nicht die Veröffentlichung der Fotos, z. B. in sozialen Netzwerken, beabsichtigt ist bzw. erfolgt und solange nicht aufgrund des Hausrechts ein Fotografierverbot verhängt wurde.“

Grund: Das Datenschutzrecht gelte „nicht für private Datenverarbeitungen und damit auch nicht für die privaten Erinnerungsfotos von der Einschulung der eigenen Kinder und zwar auch dann nicht, wenn andere Kinder oder sonstige Personen mit auf den Fotos abgebildet sind“. Lehrkräfte erhalten auf der Website datenschutz-schule.info von Dirk Thiede, behördlicher Datenschutzbeauftragter für die Schulen im Kreis Olpe, Nordrhein-Westfalen, weitere Hinweise für Lösungen im schulischen Alltag, die meist auch in anderen Bundesländern anwendbar sind.

Dr. Olaf Konstantin Krueger

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