Auch in turbulenten Zeiten vertrauen die Deutschen ihrem Rechtssystem. 74 Prozent haben eigenen Angaben zufolge sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Gesetze, 68 Prozent in die Gerichte.
Das geht aus dem ROLAND Rechtsreport 2017 hervor. Die Studie entsteht jährlich in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach und analysiert die Einstellung der Bevölkerung gegenüber dem deutschen Rechtssystem und der Mediation. Dieses Mal standen zudem die Fragen im Fokus, wie sehr sich die Bürger derzeit durch den Terrorismus bedroht fühlen und wie sie die innere Sicherheit in Deutschland bewerten.
Zu lange Gerichtsverfahren
In Bezug auf das Rechtssystem stehen schon seit Jahren bestimmte Punkte stark in der Kritik. So findet die Mehrheit der Deutschen (80 Prozent), dass die Gerichtsverfahren zu lange dauern. 73 Prozent vertreten die Auffassung, die Gerichte seien überlastet. Dementsprechend ziehen die Bürger auch deren Arbeit in Zweifel: Nur 23 Prozent sind von ihrer Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit überzeugt, und genauso wenige glauben, dass vor dem Kadi stets alles mit rechten Dingen zugeht.
Ebenso bezweifelt mehr als die Hälfte der Bürger, dass vor Gericht jeder gleich behandelt wird: 62 Prozent denken, man könne seine Chancen auf ein günstiges Urteil erhöhen, wenn man sich einen bekannten Anwalt leisten könne. Weitere 57 Prozent halten die Rechtsprechung in Deutschland ganz allgemein für uneinheitlich.
Das gilt insbesondere für diejenigen, die in den vergangenen zehn Jahren an Prozessen beteiligt waren. Außerdem finden 60 Prozent der Bürger die Gesetze zu kompliziert, 49 Prozent kritisieren die in ihren Augen zu milden Urteile. Das gilt insbesondere in Bezug auf jugendliche Straftäter: Knapp sechs von zehn Deutschen (58 Prozent) wünschen sich hier härtere Strafen.
Vom Terror bedroht
Teil zwei der Studie widmet sich der inneren Sicherheit und der Terrorgefahr aus Sicht der Bürger. Die Daten wurden zwei Monate vor dem Angriff auf einem Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 erhoben. Umso mehr verdeutlichen die Ergebnisse, welchen Einfluss die Attentate in Deutschland und Europa im Sommer 2016 auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung haben. So schätzen 70 Prozent die Gefahr, die von radikalen islamistischen Gruppen ausgeht, als groß oder sehr groß ein. Und die Verunsicherung hat rasant zugenommen: 2009 hielten 55 Prozent der Deutschen das Gefahrenpotenzial für groß oder sehr groß, 2014 waren es schon 63 Prozent.
65 Prozent fühlen sich ganz persönlich durch Terrorismus bedroht, zehn Prozent sogar sehr. Mit entsprechenden Konsequenzen: 45 Prozent der Bürger waren an Orten, an denen sich viele Menschen aufhalten, schon mindestens ein Mal verunsichert, zum Beispiel in Bahnhöfen, auf Volksfesten oder in Innenstädten. Drei Prozent fühlen sich sogar permanent unsicher. Trotzdem möchten sich die meisten von ihrer Angst nicht einschränken lassen und führen weiterhin ihr gewohntes Leben. 27 Prozent meiden jedoch aus Vorsicht bestimmte Orte oder Ereignisse wie große Volksfeste, Sportveranstaltungen oder Flughäfen.
Schutz vor Terror durch die Politik
Und welche Rolle kommt der Politik zu? Der Rechtsreport zeigt, dass nur 26 Prozent der Bevölkerung ihr zutrauen, Deutschland mit den richtigen Maßnahmen vor Terroranschlägen schützen zu können. 58 Prozent hingegen halten einen wirksamen Schutz für kaum umsetzbar.
Nach möglichen Maßnahmen im Anti-Terror-Kampf gefragt, zeichnet sich dennoch breite Zustimmung ab: So sind jeweils mehr als drei Viertel dafür, Personen zu verhaften, die in terroristischen Ausbildungscamps waren, öffentliche Plätze strenger zu überwachen und enger mit ausländischen Geheimdiensten zusammenzuarbeiten. Fast ebenso viel Unterstützung erhalten die konsequente Abschiebung von Asylbewerbern unter Terrorverdacht sowie stärkere Grenzkontrollen.
62 Prozent der Deutschen möchten zudem, dass Personalausweise und Reisepässe grundsätzlich mit biometrischen Daten ausgestattet werden. 59 Prozent fordern die Registrierung der Fingerabdrücke von jedem, der nach Deutschland einreist. Und mehr als die Hälfte der Deutschen begrüßt es, Terrorverdächtige in Sicherheitsverwahrung zu nehmen, selbst wenn ihnen keine konkrete Straftat nachgewiesen werden kann.
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