Neumarkt-St.Veit — Die Kommunen beschäftigt die Frage nach ihrer Belastbarkeit, Krisenfestigkeit und Zukunftsfähigkeit. In der Corona-Krise müssen sie sich nach den Kommunalwahlen im Frühjahr 2020 zudem im Laufschritt reorganisieren: Pandemie, Lockdown und Wirtschaftseinbruch verlangen zusätzliche Anstrengungen zu deren Bewältigung. Die kommunalen Verantwortungsträger werden immer stärker gefordert. Auch in Neumarkt-St. Veit. Fragen an Erwin Baumgartner, seit 2002 Erster Bürgermeister der historischen Stadt an der Rott im oberbayerischen Landkreis Mühldorf am Inn, welche mit der Gemeinde Egglkofen die Verwaltungsgemeinschaft Neumarkt-St. Veit bildet.
Im Landkreis Mühldorf am Inn wurde der erste mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) Infizierte am 17. März 2020 registriert. Mit Stand vom 14. August 2020 sind insgesamt 535 COVID-19-Fälle bestätigt worden – von diesen sind 27 Personen verstorben, 488 Personen genesen, 20 Personen zwar aktiv, doch niemand in stationärer Behandlung. Die 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, liegt bei 12,9. Für die Stadt Neumarkt-St. Veit sind zu diesem Zeitpunkt 17 COVID-19-Fälle bestätigt, von diesen sind 14 Personen genesen.
Bei der Wahl des 20-köpfigen Stadtrates Neumarkt-St. Veit am 15. März 2020 überflügelte die CSU knapp die UWG. Das Ergebnis en detail: Christlich-Soziale Union in Bayern e. V. 23.920 Stimmen/42,4 Prozent/neun Mandate (im Vergleich zur Kommunalwahl 2014 ein Plus von 1,4 Prozent und einem Sitz), UWG Neumarkt-Sankt Veit e. V. 23.359 Stimmen/41,4 Prozent/acht Mandate (-8,5 Prozent/minus zwei Sitze) – abgeschlagen die Sozialdemokratische Partei Deutschlands 5.086 Stimmen/9,0 Prozent/zwei Mandate (+1,2 Prozent/unverändert) und Bündnis 90/DIE GRÜNEN 3.993 Stimmen/7,1 Prozent/ein Mandat (2014 nicht angetreten). Wahlbeteiligung: 60,8 Prozent. Die Wahl des 12-köpfigen Gemeinderates Egglkofen ergab ein Patt bei der Sitzverteilung: Unabhängige Liste Egglkofen (U.L.E.) 7.395 Stimmen/52,2 Prozent/sechs Mandate und CSU/FWE (Freie Wähler Egglkofen) gemeinsam 6.780 Stimmen/47,8 Prozent/sechs Mandate. Wahlbeteiligung: 70,3 Prozent. Bei der Stichwahl zum Ersten Bürgermeister wurde am 9. April 2020 Erwin Baumgartner (UWG) zum vierten Mal gewählt (1.804 Stimmen/72,5 Prozent). Wahlbeteiligung: 51,4 Prozent.
Bürgermeister Baumgartner einhundert Tage nach seiner Wiederwahl im Gespräch.
Krueger: Welche kommunalpolitischen Schwerpunkte stehen für Sie als Erster Bürgermeister von Neumarkt-St. Veit im zweiten Halbjahr 2020 auf der Agenda?
Baumgartner: Wir haben einiges auf der Agenda im Bereich der Baumaßnahmen: An der Ampfinger Straße wird derzeit die Skateranlage saniert, ebenso die Rollhockeybahn. Außerdem wird ein Fußballkäfig mit Kunstrasen neu gebaut. Die Skateranlage und der Fußballkäfig erhielten einen 50%igen Zuschuss aus dem Leader-Förderprogramm des Mühldorfer Netzes. In Hofthambach wird gerade eine neue Brücke für die Straße nach Gangkofen über die Bahnstrecke gebaut. Und die vier Fertigteile zur Verbindung der beiden Brückenköpfe für die Fahrbahn werden voraussichtlich am 26. August eingesetzt.
Zur Erstellung des zentralen Regenüberlaufbeckens an der Weiherstraße zum Zweck der Entlastung unserer Kläranlage bei der Mischwasserbehandlung war am 19. August Spatenstich. Für den Ausbau der Ortsstraße in Feichten von der Bundesstraße B299 bis zum Ortsende Feichten erfolgte am 20. August der Spatenstich. Und für den Neubau der Kindertagesbetreuung in der Lorenz-Reißl-Straße wird am 2. September der Spatenstich erfolgen. Hier entsteht ein zwei-gruppiger Kindergarten und eine zwei-gruppige Kinderkrippe mit einem großzügigen Gartenbereich. Voraussichtlich in der 37. Kalenderwoche, also ab dem 7. September, kommt die Bayerische Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr, Kerstin Schreyer, nach Neumarkt-St. Veit. Sie wird gemeinsam mit dem Egglkofener Bürgermeister Johann Ziegleder und mir den Spatenstich für den Neubau des Geh- und Radweges von Feichten bis nach Egglkofen durchführen.
Fast fertiggestellt wurde indes die Sanierung der Kellerstraße von der Altöttingerstraße bis zur Kegelbahn. Und auch die Gutenbergstraße hat von der Alten Teisinger Straße bis zum Fürstenweg ein ganz neues Gesicht bekommen. Das neue Baugebiet an der Gutenbergstraße ist sehenswert und wächst erfreulich.
Stichwort: Stadtplatzgestaltung. Nachdem der Bürgerentscheid am 12. Juli 2020 für den Ratsentscheid, also die Planung des Stadtrates, mehrheitlich entschieden wurde, werden wir die Planungen wieder aufnehmen, damit voraussichtlich im Frühjahr 2021 mit den Baumaßnahmen begonnen werden kann. Dazu sind aber noch Entscheidungen etwa zur Beleuchtung und zur Ausstattung mit Parkbänken notwendig. Als Hemmschuh haben wir aber noch einige Beschwerden bei unserer Aufsichtsbehörde und auch Anträge auf Überprüfung der Gültigkeit des Bürgerentscheids zu überstehen.
Krueger: Die Stichwahlen der Kommunalwahlen in Bayern 2020 fanden bereits während der sich entwickelnden Corona-Krise statt. Wie hat sich die Pandemie aus Ihrer Sicht ausgewirkt – einerseits allgemein auf die Kommunalarbeit, andererseits speziell auf Neumarkt-St. Veit?
Baumgartner: Die Corona-Krise hat natürlich beträchtliche Auswirkungen auf unsere Arbeit. Zwar hat sich schon wieder einiges normalisiert, aber zum Beispiel die Stadtratssitzungen können derzeit nicht im Rathaus stattfinden, sondern sind in unserem Kulturbahnhof. Die Einschränkungen sind zwar vorhanden und müssen berücksichtigt werden, aber man wird erfinderisch und für fast alles gibt es eine Alternative.
Krueger: Die Corona-bedingten Restriktionen werden seit kurzem kontinuierlich gelockert. Welche Schlüsse ziehen Sie aus den neuerlichen Erfahrungen mit der Pandemie für Neumarkt-St. Veit, insbesondere für die Wirtschaft und die Kultur?
Baumgartner: Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir alle aus dieser Krise lernen. Es kann nicht alles in diesem Tempo wie vor der Krise weitergehen, wenn man aber die jetzigen Entwicklungen und auch die Unvernunft in gewissen Bereichen erfährt, ist diese Hoffnung schon fast wieder zerstört.
Krueger: Herr Bürgermeister, vielen Dank für das Gespräch.
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