Mühldorf am Inn — „Es muss noch möglich sein, eine Wohnung für sechs Euro pro Quadratmeter zu erhalten, nicht erst ab zehn Euro“, bekräftigt der sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Günther Knoblauch. In Mühldorf am Inn erhoben nun die Haushalts- und Finanzpolitiker der SPD-Landtagsfraktion drei Forderungen zur Stärkung der Kommunalfinanzen in Bayern: Erstens sollen die Kommunen entlastet werden über einen geänderten kommunalen Finanzausgleich und eine bessere Unterstützung im Bereich Flüchtlinge und Asyl. Zweitens sollen die Rahmenbedingungen für den kommunalen Wohnungsbau verbessert werden. Und drittens soll ein besserer Steuervollzug mehr Steuergerechtigkeit bringen. Mühldorfs Bürgermeisterin Marianne Zollner (SPD) gab ihrer Hoffnung Ausdruck, in den Kommunen im Allgemeinen und in Mühldorf im Besonderen werde die „Lebensqualität aufrechterhalten“.
„70 bis 80 Prozent der Bevölkerung ist vom Mietwohnungsbau betroffen“, verdeutlicht der Mühldorfer SPD-Landtagsabgeordnete Günther Knoblauch die Wichtigkeit des sozialen Wohnungsbaus. Gemeinsam mit seinen Kollegen im Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags – Harald Güller, Volkmar Halbleib, Dr. Herbert Kränzlein, Reinhold Strobl und Harald Zeitler – fordert Knoblauch mehr Handhabemöglichkeiten für Kommunen und Landkreise. „Der Freistaat hat den sozialen Wohnungsbau in den letzten Jahren vernachlässigt“, erklärt der frühere Erste Bürgermeister der Kreisstadt Mühldorf und kritisiert ausdrücklich den bayerischen Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, Dr. Markus Söder (CSU): „Er gibt keinen Euro mehr für die Kommunen aus.“
„Wohnungsmarkt höchst prekär“
Bei aller Kritik verstehen sich die SPD-Finanzexperten als „konstruktive Opposition“, schlagen daher „Handhabemöglichkeiten für Kommunen und Landkreise“ vor. So müssten diese beim sozialen Wohnungsbau gestärkt werden, um der „momentanen Wohnungsnot und dem Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum gerecht zu werden“, heißt es in einem von den SPD-Politikern veröffentlichten Paper.
Die Bayerische Verfassung besage, dass die Förderung das Baus „billiger Volkswohnungen“ Aufgabe des Staates und der Gemeinden sei. Tatsächlich erforderte die „höchst prekäre Lage“ auf dem Wohnungsmarkt Maßnahmen, welche zu mehr bezahlbarem Wohnraum und einer Entspannung führten.
Die SPD schlägt daher eine dreifache Ertüchtigung vor: Der Verkauf von staatlichen Grundstücken an Gemeinden, die darauf sozialen Wohnungsbau betreiben wollten, sei zu erleichtern. Wegen der „akuten Wohnungsnot“ sollten des Weiteren die kommunalrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Landkreise sozialen Wohnungsbau betreiben könnten. Und schließlich sollten die kommunalen Wohnungsgesellschaften stärker in die Umsetzung des „Wohnungspaktes Bayern“ eingebunden werden. Dieses vom Bayerischen Kabinett beschlossene Maßnahmenpaket für mehr preisgünstigen Wohnraum soll die Wohnraumversorgung in Bayern verbessern.
Millionen für die Kommunen
Die bayerischen SPD-Finanzexperten fordern zudem eine jährliche Sonderpauschale von 70 Millionen Euro zur Bewältigung der Zuwanderung. Über die Kostenerstattung des Freistaates für Unterkunft und Verpflegung hinaus gebe es „ganz erhebliche, bislang ungedeckte Mehrkosten für die bayerischen Kommunen“. Diese Kosten sollten für die kreisfreien Städte und Landkreise pro Flüchtling, unbegleitetem Minderjährigen und Asylbewerber pauschal „zu einem deutlichen Anteil vom Freistaat übernommen werden“.
Die SPD-Politiker halten überdies die von der Staatsregierung angekündigten 14 Standorte mit Koordinatorenstellen für Ehrenamtliche im Asylbereich für unzureichend. Ein flächendeckendes Netz hauptamtlicher Koordinatoren in den Landkreisen und kreisfreien Städten erforderte insgesamt 96 Stellen, somit 82 zusätzliche Koordinatoren und einen jährlichen Mehrbedarf von 2,87 Millionen Euro. Dabei stehe der Freistaat in der Pflicht, die Kommunen finanziell zu unterstützen.
Die Kommunen seien obendrein mit der Sanierung ihrer Frei- und Hallenbäder „völlig überfordert“. Im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs solle ein „Härtefonds“ mit 30 Millionen Euro pro Haushaltsjahr eingerichtet werden. Der immense energetische Sanierungsbedarf kommunaler Gebäude solle mit weiteren 30 Millionen Euro unterstützt werden. Schließlich solle „ein kommunaler Entschuldungsfonds für notleidende Kommunen“ die Gemeindehaushalte zusätzlich um 100 Millionen Euro entlasten.
Steuerverwaltung stärken
In der Steuerverwaltung will die SPD neben den 16.439 Stellen weitere 1.000 Beamte einstellen, „da jeder wesentlich mehr an Steuereinnahmen bringt, als er an Besoldung kostet“. Dies würde im bayerischen Staatshaushalt zu Mehreinnahmen von rund 250 Millionen Euro führen. Die SPD verlangt zudem 500 zusätzliche Stellen für Anwärter. Außerdem sollen 20 zusätzliche Dozentenstellen geschaffen werden, um Ausbildungskapazitäten zu erhöhen. Der stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Volkmar Halbleib, unterstrich, es sei „ein permanenter Kampf um die Steuer- und Verteilungsgerechtigkeit in Bayern“.
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