Welchen Beitrag kann die Wirtschaft zur Integration der Flüchtlinge leisten? Diese Frage hat das IHK-Gremium Altötting-Mühldorf auf seiner letzten Sitzung vor der IHK-Wahl im April diskutiert. Ingrid Obermeier-Osl, Vizepräsidentin der IHK für München und Oberbayern sowie Vorsitzende des IHK-Gremiums Altötting-Mühldorf, erklärte: „Es ist offensichtlich, dass uns allen – der Wirtschaft und der Gesellschaft – ein integrierter Flüchtling viel mehr bringt als wenn die Integration nicht gelingt.“
Obermeier-Osl berichtet in ihrer Eigenschaft als Schwindegger Unternehmerin, dass sie im eigenen Unternehmen sehr gute Erfahrungen mit einem Flüchtling als Praktikanten gesammelt habe. Landrat Georg Huber (CSU) betonte, dass die Unterstützung der Wirtschaft für die Integration für den Landkreis von größter Bedeutung sei. „Deswegen brauchen wir auch das Bleiberecht für die Flüchtlinge während einer Ausbildung und für einen Zeitraum danach“, erklärte Huber mit Blick auf die Planungssicherheit der Unternehmen. Der Landrat forderte zudem mehr Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit, damit Flüchtlinge schneller Jobs finden oder qualifiziert werden.
Leitfaden für Betriebe
Die IHK setzt sich dafür ein, dass mehr junge Flüchtlinge eine Ausbildung absolvieren. Florian Kaiser, Referent Regionale Bildungsberatung bei der IHK für München und Oberbayern, wies auf tausende unbesetzt gebliebene Lehrstellen in Oberbayern zu Beginn des aktuellen Ausbildungsjahrs hin. „Angesichts der demografischen Entwicklung und der Fachkräftelücke sieht die IHK in den Flüchtlingen ein großes Potenzial“, erklärte Kaiser. Die IHK hat deswegen einen Leitfaden für Betriebe zusammengestellt, der online abrufbar ist unter muenchen.ihk.de/fluechtlinge. Außerdem wird die IHK Betrieben, die Flüchtlinge einstellen, Ausbildungs- und Jobbegleiter zur Seite stellen, die bei allen praktischen Fragen helfen.
Alphabetisieren und ausbilden
Auch die Berufsschulen aus beiden Landkreisen schilderten ihre Erfahrungen mit den Klassen zur Berufsvorbereitung für Flüchtlinge. Stefan Pauler, zweiter ständiger Stellvertretender Schulleiter des Berufsschulzentrums Mühldorf, berichtete, dass rund 30 Prozent der Flüchtlinge erst alphabetisiert werden müssen. Dennoch konnte bislang für alle jugendlichen, schulpflichtigen Flüchtlinge ein passendes Bildungsangebot im Landkreis organisiert werden. Pauler warb bei den regionalen Unternehmen um Praktikumsplätze ab September für seine Schützlinge. „Wir brauchen einen Anschluss nach der Sprachförderung, sonst landen wir in einer Sackgasse“, so der Berufsschullehrer.
IHK-Zukunftskarte „Oberbayern 2030“
Der Leiter der IHK-Geschäftsstelle Mühldorf, Herbert Prost, präsentierte die IHK-Zukunftskarte „Oberbayern 2030“ mit einem Videofilm. Die Karte stellt anschaulich in Comic-Form die Herausforderungen dar, die auf die Region zukommen. So werde zum Beispiel der Fachkräftemangel die Wirtschaft treffen, erläuterte Prost. Für das erwartete Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum brauchen Oberbayern und die Region Altötting-Mühldorf mehr Wohnungen und Infrastruktur wie Straßen und flächendeckende Breitbandversorgung. Politik und Wirtschaft müssten langfristig auf Innovationen, Internationalisierung und den Ausbau der Bildungssysteme setzen. Auch Ergebnisse aus einem Workshop mit Vertretern aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik in der IHK-Geschäftsstelle Mühldorf im vergangenen Sommer waren in die Zukunftskarte eingeflossen.
In der abschließenden Tischumfrage zogen die IHK-Gremiumsmitglieder eine hervorragende Bilanz der Wahlperiode 2011 bis 2016. Durchgängig lobten die Wirtschaftsvertreter die Auswahl und Aktualität der diskutierten Themen sowie den fruchtbaren Austausch untereinander.