Historisches Unwetter vor 60 Jahren: Orkan verwüstete Mühldorfer Volksfest
Zerstörte Fahrgeschäfte und Buden am Volksfestplatz. Fotos: Stadtarchiv Mühldorf
Prosepkt Box

Historisches Unwetter vor 60 Jahren: Orkan verwüstete Mühldorfer Volksfest

Ein Unwetter verwüstet am 29. August 1964 den Volksfestplatz. „Mühldorf erlebt die schwerste Unwetter-Katastrophe seit Menschengedenken„ titelte der Mühldorfer Anzeiger am 31. August 1964 – und zog eine schreckliche Bilanz: „Volksfestplatz in Trümmerfeld verwandelt – 50 Menschen zum Teil schwer verletzt – Straßen überschwemmt und von Bäumen blockiert – Stadt ohne Licht – Telefonverkehr unterbrochen – Unübersehbarer Schaden.“

Ein orkanartiger Wirbelsturm war am Samstag, 29. August 1964, über Mühldorf gefegt. Um 18 Uhr legte das Unwetter los – eine halbe Stunde später, um genau 18.28 Uhr, standen laut Anzeiger alle elektrischen Uhren still. Und das Mühldorfer Volksfest erlebte einen der dunkelsten Tage seiner Geschichte. Sturmböen der Windstärke 12 rissen das große Bierzelt um, 35 Wiesnbesucher wurden unter den Zeltplanen begraben und mussten geborgen werden. 50 Helfer des Roten Kreuzes leisteten den Verletzten Erste Hilfe, bevor sie von acht BRK-Fahrzeugen in pausenlosem Einsatz in das Kreiskrankenhaus gebracht wurden.

Ein Augenzeuge berichtete den Mühldorfer Nachrichten von den Ereignissen aus dem großen Festzelt: „Um 18.15 Uhr begann das Unwetter und schon kurz darauf regnete es in den der Schänke gegenüberliegenden Boxen durch. Um 18.25 Uhr ging erstmals das Licht aus, flammte dann anschließend noch einmal kurz auf, um dann endgültig zu erlöschen. Inzwischen hatte die Gemütlichkeit im Zelt aufgehört, denn der Orkan peitschte gegen die Zeltwand. Wo sich eine Lücke bot, kam ein Wasserguss durch, und der ganze Aufbau schien auf einmal nicht mehr vertrauenerweckend. „Während das Weinzelt dem Sturm größtenteils standhielt, stürzten das große Festzelt und das Weißbierzelt krachend in sich zusammen. „Das war wie eine Detonation, so schnell brach das Unwetter über Mühldorf herein“, erinnert sich Festwirtin Ingrid Unertl. Zu den heftigen Orkanböen kam der Regen. „Eine einzige Sturmflut vom Himmel. Die Fischsemmeln, die Geldkassetten, die Giggerl: Alles schwamm in einem großen See.“

Die Plünderer kommen mit dem Sturm
Die Landpolizei hatte zudem alle Hände voll zu tun, um Raubzüge zu verhindern, schreibt der „Anzeiger“ in seinem Bericht über das schwere Unwetter. „Besonders Jugendliche wurden angetroffen, wie sie in der Dunkelheit holen wollten, was zu haben war. „Mancher Fierant sei durch die Diebstähle ebenso schwer getroffen worden wie durch das Unwetter selbst.“ Letztlich wurden zur Unterstützung Züge der bayerischen Bereitschaftspolizei aus Ingolstadt und der Alarmeinheit der oberbayerischen Landpolizei hinzugezogen, die das Volksfestgelände abriegelten. Alle Beteiligten waren sich darüber einig, dass es eine Katastrophe noch viel größeren Ausmaßes gegeben hätte, wenn der Sturm eine Stunde später gekommen wäre – dann wären die Zelte mit mehreren tausend Besuchern überfüllt gewesen. Es war schließlich der erste Volksfest-Samstag.

Stadt im Ausnahmezustand
Auch im übrigen Stadtgebiet bot sich ein Bild der Verwüstung. In seinem Tagesbericht vom 29. August schrieb der damalige Bürgermeister Hans Gollwitzer von schweren Schäden auf den Hausdächern; das Blechdach der Aula der Berufsschule an der Innstraße wurde vollkommen weggerissen und 100 Meter weit geschleudert. Der Katharinenplatz stand einen halben Meter unter Wasser. „Dachdecker, Autowerkstätten und Glasereien haben in den nächsten Tagen Hochkonjunktur“, heißt es im Anzeiger. Die Bahnstrecken waren wegen umgestürzter Bäume mehrere Stunden gesperrt, auf dem Bahnhof machten sich zwei leere Güterwagen selbstständig, entgleisten und kippten um. 30 Arbeiter der Stadtwerke waren 24 Stunden lang ununterbrochen im Einsatz, um die Stromversorgung wieder herzustellen. Allein bei Annabrunn hatte der Sturm 30 Lichtmasten umgeknickt.

Am Sonntagmorgen ging es dann um die Frage: Volksfest abbrechen, oder nicht? Bürgermeister Gollwitzer, Stadtbaumeister Kurt Kern und Oberinspektor Hans Schwaiger sprachen sich zusammen mit Schaustellern und Fieranten für eine Fortsetzung der Wiesn aus, da „kein Todesopfer zu beklagen war“. Weil die Reparaturarbeiten zwei Tage in Anspruch nehmen würden, legten die Verantwortlichen den Neustart auf Dienstag, 1. September 1964, fest. Die Turmbrauerei und das Weiße Bräuhaus errichteten mithilfe der Mühldorfer Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks neue Zelte. Der Gesamtschaden des Sturms lag laut Anzeiger bei rund 150.000 Mark.

Doch die „verzweifelte Niedergeschlagenheit“ verwandelte sich schon am Dienstag, 1. September 1964, in „stimmungsvollen Optimismus“. Zu den Klängen der Stadtkapelle und der Grünthaler Blaskapelle floss abends bereits wieder das Festbier, noch ehe die beiden großen Bierzelte wieder vollständig errichtet waren.

Lehren aus der Vergangenheit
Mühldorfs 1. Bürgermeister Michael Hetzl: „Es ist immer lehrreich und gut, sich historische Ereignisse zu vergegenwärtigen. Vor 60 Jahren hat ein schlimmes Unwetterereignis unser Volksfest verwüstet, aber auch damals haben sich die vielen Helfer von Feuerwehren, Technischem Hilfswerk und Rotem Kreuz mächtig ins Zeug gelegt und nach zwei Tagen wurde schon wieder weitergefeiert. Zum Glück, und das ist immer das wichtigste, ist damals niemand zu Tode gekommen. Die vielen Helfer sind immer noch unersetzlich für uns, auch unter den glücklicherweise meist weniger widrigen Umständen. Die Erinnerung an damals stimmt zwar traurig und demütig, zeigt aber auch, wie viel sich in Sachen Sicherheit seither getan hat. Die Besucherinnen und Besucher heuer müssen sich diesbezüglich keine Sorgen machen und sind elf Tage lang herzlich eingeladen, fröhlich miteinander zu feiern.“

Walter Gruber, Kulturamtsleiter und Volksfestorganisator: „Aus meiner Perspektive des für die Organisation Verantwortlichen ist tatsächlich bemerkenswert, was sich seither in Sachen Sicherheit getan hat. Ich kann dem Bürgermeister nur beipflichten, dass angesichts unseres bewährten und beständig optimierten Sicherheitskonzepts alle bedenkenlos zu unserem Großevent kommen können. Wir legen in Sachen Sicherheit jedes Jahr eine Schippe drauf, auch bei Themen wie Entwässerung oder Barrierefreiheit.“

Quellenhinweis: Beitrag von Wolfgang Haserer zum 2015 erschienenen Band „Weil’s gar so zünftig ist“. 150 Jahre Volksfest Mühldorf am Inn. Herausgeber: Edwin Hamberger, Wolfgang Haserer, Rudolf Neumaier und Norbert Stellner.

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