Der Corona-bedingte Lockdown ist den Bayern aufs Gemüt geschlagen. Der Heimatindex der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken ist im Sommer auf den tiefsten Stand seit Beginn der halbjährlichen Erhebung Anfang 2018 gefallen. Aktuell erreicht der Index einen Wert von 64 – ein Minus von vier Zählern im Vergleich zur Erhebung im Frühjahr 2020, vor der Corona-Pandemie.
Insbesondere der um 37 Zähler gefallene Wert zur Einschätzung des kulturellen Angebots zieht den Index insgesamt nach unten. Seit seiner Einführung im Sommer 2018 hatte der Heimatindex immer um die 70 Punkte gelegen. Allerdings gibt der Messwert der Lebenszufriedenheit in Bayern weniger stark nach als im Rest des Bundesgebiets.
„Der Lockdown sowie die damit verbundenen Einschränkungen und Unsicherheiten haben die Stimmung der Bayern deutlich gedrückt“, kommentierte GVB-Präsident Jürgen Gros die Zahlen am Donnerstag in München. Auffällig sei zudem, dass es in der Beurteilung der Lage innerhalb Bayerns keinerlei Unterschiede gibt. Auch über die verschiedenen Altersstufen hinweg sind die Ergebnisse weitgehend konstant.
Einschnitte in das kulturelle Leben belasten Heimatindex
Das kulturelle Leben hat in besonderem Maße unter den Folgen der Pandemie gelitten. Die Bewertung des kulturellen Angebots ist um gut die Hälfte auf 34 Punkte (minus 37 Zähler) eingebrochen. „Es ist deutlich zu spüren, dass die Bayern unter den Einschränkungen im Kulturbereich leiden und sich nach kulturellem Leben wie Festen, Theateraufführungen und Konzerten sehnen“, sagte Gros. Einschränkungen des kulturellen Lebens belasten die Bayern derzeit sogar mehr als die Furcht vor ökonomischen Nachteilen.
Die Befragten machen sich zwar wieder verstärkt Sorge um ihre eigene finanzielle Zukunft, wie aus dem Heimatindex hervorgeht. Ihren Arbeitsplatz und die persönliche finanzielle Situation beurteilen die Bayern mit nun 60 Punkten um sechs Zähler schlechter als noch vor der Corona-Krise, aber damit immer noch deutlich besser als das kulturelle Angebot.
Bayern zufriedener als Rest der Bundesbürger
Trotz des erheblichen Dämpfers hat sich die Stimmung der Bayern insgesamt weniger stark eingetrübt als im Rest Deutschlands. Die allgemeine Lebenszufriedenheit, die im Rahmen des Heimatindex ebenfalls abgefragt wird, bewerten die Bayern mit 71 Punkten, einem Minus von vier Zählern gegenüber der Erfassung im Frühjahr 2020 – zu einem Zeitpunkt also, zu dem die Corona-Thematik noch keine Rolle spielte. In den übrigen Bundesländern ist dieser Wert um acht Zähler auf 63 Punkte gegenüber Frühjahr 2020 zurückgegangen.
Die Bayern vergeben für ihre Lebenszufriedenheit also acht Punkte mehr als die Deutschen in anderen Bundesländern. Bei der Erhebung im Frühjahr 2020 hatte der Unterschied nur drei Punkte betragen.
Lob für Gesundheitssystem
Trotz hoher Belastungen bewerten die Bayern die Gesundheitsversorgung mit 57 Punkten um sogar zwei Zähler besser also noch vor der Pandemie. „Das stabile Gesundheitssystem im Freistaat hat sich bewährt. Insbesondere im Vergleich zu anderen Ländern, wo Krankenhäuser, Ärzte, Pflegepersonal und Gesundheitsbehörden an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gelangt sind, zeigt sich, dass diese hierzulande gut und verlässlich arbeiten“, sagte Verbandspräsident Gros.
Um sieben Zähler besser wird auch die Sicherheit vor Kriminalität und Verbrechen beurteilt. Dieser Themenbereich steht nun bei 55 Punkten, nachdem er bei der Erhebung im Frühjahr 2020 einen relativ schlechten Wert von 48 Punkten erreicht hatte. Für diese Entwicklung sind wohl zwei Haupttreiber verantwortlich: die erhöhte Polizeipräsenz zur Umsetzung der Corona-Maßnahmen sowie eine messbar niedrigere Verbrechensrate, insbesondere bei Einbrüchen und Diebstählen – was wiederum auf den Lockdown zurückzuführen ist, als viele Menschen ihre Wohnung kaum verließen.
Wert der Familie steigt
Angesichts vieler Belastungen und Sorgen ist der Wert der Familie gestiegen. Die Bewertung der familiären Situation legte um zwei Zähler auf 86 zu und nähert sich damit wieder dem bislang höchsten gemessenen Wert von 87 (zuletzt Frühjahr 2019) an. „In unsicheren Zeiten hat sich einmal mehr die Familie als Konstante und Rückhalt bewährt“, brachte Gros die Ergebnisse auf den Punkt. Schon in bisherigen Umfragen hatte die familiäre Situation von allen Faktoren am besten abgeschnitten.
Schlechtere Noten für Schul- und Bildungsangebote
Schlechter kommen die Schul- und Bildungsangebote weg. Die großen regionalen Unterschiede werden als unkoordiniertes staatliches Handeln wahrgenommen. Die Bewertung dieser Felder gab um sechs Zähler auf 67 Punkte nach. Unsicherheiten, hohe Belastungen der Familien durch das Home-Schooling und ein Hin und Her bei der Rückkehr zu einer Art Regelunterricht haben sich hier ausgewirkt. Seinen Höchststand markierte der Bereich Schule und Bildung bei der Befragung im Sommer 2019 mit damals noch 74 Punkten.
Bessere Noten für Internet
Dafür kommt die Verfügbarkeit und Geschwindigkeit der Anbindung ans Internet etwas besser weg und legt zwei Zähler auf 52 Punkte zu. „Die Arbeit Tausender Arbeitnehmer im Mobile Office sowie die verstärkte Nutzung virtueller Plattformen, um mit Kollegen, Freunden und Familienangehörigen in Kontakt zu bleiben, haben die Notwendigkeit und den Wert leistungsfähiger Datenverbindungen gezeigt“, folgerte Gros.
Zustand der Umwelt
Eine Zunahme um vier Zähler auf nun 64 Punkte hat die Beurteilung des Wohnumfelds erfahren. Dazu trägt die deutlich bessere Einschätzung des Zustands der Umwelt um zehn Zähler auf nun 60 Punkte bei. Weniger Verkehr, ein erheblicher Rückgang der Flugbewegungen, ein Ausbleiben großer Touristenströme sowie Medienberichte über eine sich erholende Natur haben sich offenbar ausgewirkt. Dadurch ist offenbar das Thema einer belasteten Umwelt in den Hintergrund getreten.
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