Gemeinsam stark
Foto: TuS Bad Aibling

Gemeinsam stark

Die TuS Bad Aibling FIREBALLS blicken nach ihrer erfolgreichen Bundesligahinrunde optimistisch auf 2018

Der deutsche Fußball-Bund hat einen Werbespot produzieren lassen, der mit der Aussage endet: „Unsere Amateure – echte Profis." Bei den Bundesliga-Basketballerinnen der TuS Bad Aibling FIREBALLS verhält es sich genau andersrum. Hier kann man sagen: „Unsere Profis – echte Amateure". Denn was kaum jemand weiß: Obwohl die FireGirls in der Bundesliga die Hinrunde mit dem vierten Platz beendet haben und zu den Top-Teams Deutschlands zählen, kann keine Spielerin von ihrem Gehalt leben. Meist sind es nur Aufwandsentschädigungen, fast alle haben Nebenjobs oder studieren.

Vor diesem Hintergrund ist es umso bemerkenswerter, dass die Aiblinger Vorzeigesportlerinnen die erfolgreichste Bundesliga-Hinrunde ihrer Geschichte gespielt haben und drauf und dran sind, sich an der Spitze zu etablieren. Milos Kandzic, vor der Saison als alter neuer Trainer verpflichtet, ist deshalb mehr als stolz auf das Geleistete. Weiß er doch, dass dies unter diesen Voraussetzungen an ein kleines Wunder grenzt. Doch wie so oft: Im Mannschaftssport geht der Zusammenhalt über die Einzelleistung. In Bad Aibling spielt noch etwas anderes mit: Hier stimmt das Gesamtbild.

Milos Kandzic: „Bei den TuS Bad Aibling FIREBALLS ist etwas zusammengewachsen, was im deutschen Frauenbasketball einzigartig ist." Wenn es jemand bewerten kann, dann der Serbe, der schon vor einigen Jahren Trainer der Damen war. „Es ist nicht nur das Team auf dem Platz. In Bad Aibling helfen so viele Menschen ehrenamtlich hinter den Kulissen mit, die den Spielerinnen das Leben einfacher machen." Neben der gewachsenen Zahl der vielen Helfer vor, während und nach den Spielen wurde seit dieser Saison die Gesamtorganisation verbessert. Als Beispiel nennt Kandzic Steffi Kessler, die sich um die Fahrten, Abläufe und Buchungen der Auswärtsfahrten kümmert und zudem darauf schaut, dass es den FireGirls bei den Heimspielen an nichts fehlt. Zudem ist mit Team-Managerin Jara Koy eine Frau mit an Bord, die alle Termine der FireGirls außerhalb des Platzes koordiniert, „die Mama für alles und jeden ist“ und hier die Zügel fest in der Hand hält. Hier stimmt er wieder, der DFB-Spruch: In Bad Aibling sind die Amateure echte Profis.

Dieses Miteinander strahlt auch nach außen. Heimspiele der Bundesliga-Basketballerinnen sind mehr als nur Sport-Ereignisse. Sie sind richtige Familien-Events geworden, ein Treffpunkt in Bad Aibling, zu dem mittlerweile längst auch Besucher kommen, die früher mit Basketball nichts am Hut hatten. Kein Wunder, dass die Zuschauer so ein Gemeinschaftsgefühl auch auf die Mannschaft übertragen – die Stimmung in der Sporthalle, die von den Fans intern nur „Firedome" genannt wird, ist in ganz Deutschland berühmt und berüchtigt. So sagt Alina Hartmann, die zu Beginn dieser Saison von Halle an die Mangfall gewechselt ist: „Ich weiß wie beeindruckend es immer für uns war, wenn wir vor dieser Kulisse in Bad Aibling spielen mussten. Das wollte ich endlich auch einmal als Aiblinger Spielerin erleben."


Selber Brote schmieren

Zwar können die TuS Bad Aibling FIREBALLS zwar nicht mit Geldscheinen wedeln, aber sie punkten mit Stimmung und mit Gemeinschaft. Dass es dafür kaum Geld gibt, wissen die Sportlerinnen. Der Verein muss an allen Ecken und Enden sparen, der Etat ist geringer als bei manch einem Team der 2. Bundesliga. Ein Beispiel: Bei Auswärtsspielen wird kein Essen für die Mannschaft bestellt – jede Spielerin nimmt sich ihre Brotzeit von zuhause selber mit. Natürlich ist es nicht die pure Sportromantik an der Mangfall, die die Spielerinnen hierher lockt. Milos Kandzic redet da auch gar nicht drum herum: „Obwohl viele Mädels auch wegen der Fans kommen, haben sie hier die Gewissheit, dass sie bei uns Spielzeit bekommen."

Fakt ist: In ihren bisherigen Vereinen waren einige aktuelle FireGirls früher nur Ergänzungsspielerinnen, die gerade mal ein paar Minuten Einsatzzeit bekommen haben und freuen sich nun über Spielpraxis in Bad Aibling. Chelsea Waters kommt aus der portugiesischen Liga, die international nicht sehr hoch bewertet wird und Destinee Young hat bisher in den USA nur College-Liga gespielt. Über Neuzugang Sandra Wimmer, die es wieder in die bayerische Heimat verschlagen hat, sagt Kandzic: „Sie kommt von Saarlouis und hat drei Jahre so gut wie nicht gespielt. Jetzt führen wir sie wieder langsam ans Team heran. Ein Eigengewächs, dass mit der u16w der Fireballs 2009 die Deutsche Meisterschaft gewonnen hat."

Das geschieht in Bad Aibling ohne Druck von außen. Für den Trainer eine sehr wichtige Sache. „Wir haben keine Vorgaben, was wir erreichen müssen. So können wir von Spiel zu Spiel denken, das macht die Spielerinnen freier." Eine Niederlage wird bei den FireGirls dann nicht zum Drama. „Meine Philosophie ist die", sagt der Coach, „dass wir immer gewinnen. Auch wenn wir verlieren sollten. Denn aus Niederlagen können wir wichtige Erkenntnisse für die nächsten Spiele ziehen."

Gegenseitiges Vertrauen
Die wichtigste Erkenntnis für Trainer und Team ist wohl die: Hält man zusammen, geht fast alles. So konnten die Aiblingerinnen in dieser Hinrunde schon Gegner schlagen, die vorab auf dem Papier als viel stärker eingeschätzt wurden. Der unschlagbare Höhepunkt war da natürlich der Sieg gegen Wasserburg am 16. Dezember. Milos Kandzic weiß, wieso das so ist: „Bei uns stimmt die Chemie in der Mannschaft. Die Mädels verstehen sich untereinander super, ich vertraue ihnen und sie vertrauen mir. Hier macht keine was sie will, sondern alle befolgen genau meine Anweisungen. Das funktioniert aber nur, wenn das Vertrauen da ist und die Spielerinnen total hinter mir stehen. Umgekehrt gestehe ich jeder Spielerin mal eine schlechte Phase auf dem Spielfeld zu. Ich habe das Vertrauen in sie, dass sich das dann wieder bessern wird."

Doch nur auf der mentalen Ebene funktioniert Sport auch nicht und so ist das tägliche Training der TuS Bad Aibling FIREBALLS auch knallharte Arbeit. Milos Kandzic und sein Co-Trainer Roland Sovarzo machen von jedem Gegner akribische Video-Analysen und Scouten jede einzelne Gegenspielerin, die Spielerinnen bekommen darüberhinaus von den Fitness-Experten des „Tower" in Rosenheim individuell angepasste Athletik-Einheiten, und oft treten die Mädels in Trainingsspielen gegen die Herrenmannschaft an. Kandzic: „Die Männer sind ein sehr harter Sparringspartner, das ist von der Qualität her mindestens so hoch wie wenn es gegen Wasserburg ginge." Darüberhinaus versucht das Trainerteam stets, den Nachwuchs langsam an das Damenteam heranzuführen. „Mit unseren jungen Talenten bin ich sehr zufrieden", sagt Kandzic.

Trotz des Höhenflugs, den die FireGirls in der Hinrunde gemeinsam mit ihren Fans erleben durften, bleibt der Coach auf dem Boden. „Wir sind zwar jetzt schon weiter, als ich vor der Saison erhofft habe und ich bin mir auch zu 80 Prozent sicher, dass wir in der Liga bleiben", sagt er. „Allerdings brauchen wir dafür noch mindestens fünf Siege in der Rückrunde. Dann haben wir keinen Druck mehr und könnten beruhigt auch höhere Ziele planen." Das wären erst einmal die Playoffs, im Optimalfall sogar das Halbfinale.

Für den Trainer wären diese sportlichen Erfolge das Tüpfelchen auf dem I. Das Wichtigste jedoch sieht er in einem anderen Bereich: „Wenn man sich anschaut, was sich hier in Bad Aibling sportlich derzeit tut, so ist das eine richtig gute Werbung für die Stadt, die uns übrigens bei unserer Arbeit auch wirklich gut unterstützt. Die Stadt hat viel in die Halle investiert und die Bedingungen stark verbessert." Milos Kandzic spürt, dass Bad Aibling in Deutschland durch den Sport immer mehr wahrgenommen wird. „Inzwischen bringen schon Leute aus Osnabrück Bad Aibling und Sport zusammen."

Doch es ist nicht nur die Bundesligamannschaft der TuS Bad Aibling FIREBALLS allein, die für einen überregional hervorragenden Ruf der Kurstadt sorgt. Kandzic sieht hier den gesamten Sportpark als zukunftsträchtiges Terrain. „Hier gibt es das Deutsche Fußball Internat, die Deutsche Basketball-Akademie, der Dietrich-Bonhoeffer-Bildungscampus mit der Sportschule und optimale Trainingsbedingungen", sagt er. „Ich sehe schon Fußball- und Basketball-Bundesligamannschaften von außerhalb, die hier ins Trainingslager gehen. Auch für die Firmen und die Geschäfte der Stadt wäre das ein großer Gewinn." Noch ist es nicht ganz soweit. Doch Kandzic weiß: Wenn man wie sein Team zusammenhält, sich gegenseitig vertraut und gemeinsam an einem Strang zieht – dann geht fast überall alles.

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