Der Weg für die neue Bahnstrecke zum Brenner im Inntal und im Raum Rosenheim ist gefunden. Von fünf möglichen Streckenführungen schneidet die sogenannte „Variante Violett“ mit rund 60 Prozent Tunnelanteil am besten ab. Sie führt vom österreichischen Schaftenau über die Gemeinden Kiefersfelden, Oberaudorf und Stephanskirchen östlich an Rosenheim vorbei bis Ostermünchen. Dieses Ergebnis gaben die Deutsche Bahn und die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) am Dienstag, 14. April, gemeinsam mit Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, bekannt.
Der Brenner-Basistunnel ist eines der wichtigsten Verkehrsprojekte Europas und soll maßgeblich dazu beitragen, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Die ausgewählte Strecke liegt der 54 Kilometer lange Trasse soll nach diesen Plänen zu 60 Prozent unterirdisch verlaufen. Dadurch beansprucht sie weniger Fläche, minimiert die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt und schont somit die Umwelt, erläutert die Deutsche Bahn ein einer Pressemitteilung.
Der grenzüberschreitende Tunnel Laiming und der Tunnel Steinkirchen sind jeweils rund 13 Kilometer lang. In Deutschland gibt es heute keinen längeren Bahntunnel. Zudem unterquert ein 5,5 Kilometer langer Tunnel das Gemeindegebiet von Stephanskirchen. Verknüpfungsstellen bei Ostermünchen und nördlich von Niederaudorf, direkt neben der Inntalautobahn, schließen Rosenheim an den Fernverkehr an und verbinden die Neubauabschnitte mit der bestehenden Bahnstrecke. Züge können dort zwischen der neuen und der bestehenden Strecke wechseln, was einen modernen, leistungsfähigen und flexiblen Betrieb ermöglicht.
Bereits seit 2015 steht die DB im engen Austausch mit den Menschen in der Region. Mehr als 200 Mal lud die DB zu Infoveranstaltungen ein. Insgesamt 155 Repräsentanten vertraten die Städte, Gemeinden und Initiativen in Dialogforen und stellten sicher, dass das lokale Wissen mit in die Planung einfloss: Die jetzt ausgewählte Trasse beinhaltet konkrete Vorschläge der Region, wie zum Beispiel die Unterquerung der Autobahn und des Inns bei Niederaudorf. Die Trassenauswahl ist der erste Schritt auf dem Weg zum Brenner-Nordzulauf. Weiter geht es mit der Vorplanung: Ingenieure prüfen weitere Verbesserungen und erarbeiten die Details, so in der Pressemitteilung der Deutschen Bahn. Und weiter: Auch bei den nächsten Phasen suchen DB und ÖBB den Dialog mit den Menschen in der Region.
Auch in den beiden nördlichen Planungsräumen Trudering – Grafing und Grafing – Großkarolinenfeld haben die Planungen vor kurzem begonnen. Auch hier findet ein intensiver Planungsdialog mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort statt. Ziel der DB sei, die Gesamtstrecke des Brenner-Nordzulaufs von München-Trudering bis zur Grenze Deutschland-Österreich bis 2040 fertigzustellen.
Unter brennernordzulauf.eu erhalten Interessierte Informationen zur ausgewählten Trasse und zu den Planungsprozessen. Eine interaktive Karte gibt Einblick in alle Schritte seit 2015.
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Stellungnahme von Landrat Otto Lederer:
„Im Sommer des vergangenen Jahres forderte der Rosenheimer Kreistag in einer Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren zum Brenner-Nordzu- lauf, dass überall wo es möglich ist, die Bahnstrecke unterirdisch geplant werden muss. Ähnlich wie in Tirol, sollen auch auf bayerischer Seite mindestens 80 Prozent der Zulaufstrecke unter die Erde gebracht werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der Deutschen Bahn für den violetten Trassenvorschlag ein Schritt in die richtige Richtung. Weil die Flächen-Inanspruchnahme aller vier Varianten hier am geringsten ausfällt, kommt sie den Erwartungen der Kreisrätinnen und Kreisräte am nächsten.
Dies ist in gewisser Weise auch eine Bestätigung dafür, dass sich das Engagement der Vertreterinnen und Vertreter aus den betroffenen Kommunen im Planungsraum diesbezüglich gelohnt hat. Klar ist aber auch, dass es noch erheblichen Verbesserungsbedarf gibt. So ist es schwer zu verstehen und nicht nachvollziehbar, dass in der heutigen Zeit eine Neubaustrecke so geplant wird, dass sie bestehende Infrastruktureinrichtungen, wie zum Beispiel Bundessstraße oder Bahngleise, durch oberirdische Bauwerke kreuzt, anstatt sie zu untertunneln. Auch die Tatsache, dass derzeit nördlich und westlich von Rosenheim keine unterirdischen Streckenanteile geplant sind, ist nicht vermittelbar.
Das sehen nicht nur wir – die betroffenen Kommunen und der Landkreis – so, auch die Regierung von Oberbayern kam in der landesplanerischen Beurteilung zu diesem Schluss. Auch sie fordert mehr Tunnelanteile, um die oberirdischen Streckenanteile möglichst weit zu reduzieren. Dazu gehört die Unterquerung des Inns im Norden sowie eine Verlegung der Verknüpfungsstelle „Niederaudorf-BAB“ in den Berg. Die Entscheidung des Bundesverkehrsministers, eine dazu notwendige Studie zu finanzieren, hilft uns weiter und ist daher sehr zu begrüßen. Bedanken möchte ich mich auch bei der Bayerischen Staatsregierung und dem Regionalen Planungsverband, die uns immer unterstützt haben und auch zukünftig beistehen werden, wenn es um die Forderung geht, oberirdische Strecken unterirdisch zu gestalten.
Die Bekanntgabe der Deutschen Bahn heute ist eine wichtige Markierung auf dem immer noch sehr langen Weg hin zu entscheidungs- und mehrheitsfähigen Planungen. Bundesverkehrsminister Scheuer sieht darin den Beginn eines mehrjährigen Optimierungsprozesses bezüglich der violetten Vorzugstrasse. Der Landkreis Rosenheim wird diesen Prozess gemeinsam mit den betroffenen Kommunen sowie den Bürgerinnen und Bürgern intensiv und konstruktiv kritisch begleiten.“
Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März zur Trassenauswahl:”
„Die Stadt Rosenheim hat die Entscheidung der Deutschen Bahn AG für die violette Trasse mit Interesse zur Kenntnis genommen. Diese Variante berücksichtigt die Belange der Bürgerinnen und Bürger in der Region und hat auf den ersten Blick die geringsten Auswirkungen auf Siedlungsgebiete und Flächenverbrauch. Hauptsächlich, weil er mit rund 60 Prozent die höchste Tunneldichte aller Varianten aufweist. Im Rosenheimer Norden soll die Streckenführung jedoch oberirdisch erfolgen. Und das obwohl im Raumordnungsverfahren eine unterirdische Lösung aus Gründen der Raumverträglichkeit als Maßgabe festgesetzt wurde. Im Rahmen der vertieften Planung werde ich mich intensiv für eine Untertunnelung des Inns bei Langenpfunzen einsetzen.
Weitere wichtige Punkte sind für mich:
1. Ohne Bedarfsnachweis kann es keine Trasse zum Brennernordzulauf geben.
2. Sollte der Bund im Rahmen der parlamentarischen Befassung 2025 den Bedarf für eine Zulaufstrecke feststellen, kann die nur als Neubaustrecke mit einer Umfahrung der Stadt Rosenheim realisiert werden. Und dann auch nur mit der genannten Nachbesserung im Rosenheimer Norden.
3. Ein Ausbau der Bestandsstrecke ist für die Stadt Rosenheim nicht hinnehmbar.
Im nächsten Schritt laufen nun bis Ende 2024 die vertieften Planungen, die die Stadt Rosenheim weiterhin intensiv und konstruktiv begleiten wird – vor allem im Hinblick auf die Inn-Querung bei Langenpfunzen.“
Im blick. erschiene Artikel zum Brenner-Nordzulauf finden Sie hier.
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