Bodmaier: „Keine neuen Megatrassen“
Fotos: Bayerischer Bauernverband
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Bodmaier: „Keine neuen Megatrassen“

„Es ist einfach zu viel Fläche, die den Landwirten verloren geht“, kritisiert Josef Bodmaier, Kreisobmann vom Kreisverband Rosenheim des Bayerischen Bauernverbandes (BBV). Und Ulrich Niederschweiberer, BBV-Kreisobmann in Mühldorf a.Inn, beklagt stark steigende Preise für landwirtschaftliche Nutzflächen.

Beide stützen sich auf Zahlen des Landesamtes für Statistik in Bayern und des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Danach wurden der Landwirtschaft im Freistaat von 1960 bis 2016 insgesamt 840.000 Hektar Fläche entzogen: täglich 11,6 Hektar oder 14 Fußballfelder. In den letzten drei Jahrzehnten verlor allein Oberbayern landwirtschaftliche Nutzfläche so groß wie die Landkreise Dachau und Miesbach zusammen: Die Größe sank von 854.450 Hektar im Jahr 1988 auf 786.238 Hektar im Jahr 2020, ein Minus von fast acht Prozent. Dem Landkreis Mühldorf a. Inn wurden 3.070 Hektar entzogen, dem Landkreis Rosenheim 5.560 Hektar. Letzterer ist gar „trauriger Spitzenreiter in Oberbayern“, wie Bodmaier weiß und nicht mit Kritik am Raumordnungsverfahren zum „Jahrhundertprojekt“ Brenner-Nordzulauf spart.

Im Freistaat Bayern werden auf etwa 3,1 Millionen Hektar Acker- und Grünland hochwertige Lebensmittel, Tierfutter und nachwachsende Rohstoffe erzeugt. Die Nutzflächen dienen landwirtschaftlichen Familienbetrieben als Existenzgrundlage. Doch Infrastrukturprojekte und Zersiedelung dezimieren diese Flächen – um circa 4 000 Hektar pro Jahr. Eindrücklich ist die Lage in den südostoberbayerischen Landkreisen Mühldorf a. Inn und Rosenheim.

Der Bayerische Bauernverband (BBV) hat erfasst, dass im Jahr 2020 im Landkreis Mühldorf 1.919 Bauernfamilien 51.121 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften. Im Landkreis Rosenheim bewirtschafteten 2.789 Bauernfamilien 67.076 Hektar. Allerdings hat die regionale Landwirtschaft in den 32 Jahren von 1988 bis 2020 Nutzflächen verloren: in Mühldorf a. Inn 3.070 Hektar, was ungefähr der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Gemeinden Gars a. Inn und Erharting entspricht, in Rosenheim 5.560 Hektar, eine Nutzfläche so groß wie die der Gemeinden Babensham und Bad Aibling.

Damit wird das erklärte Ziel der bayerischen Staatsregierung, den Flächenverlust auf weniger als fünf Hektar pro Tag in Bayern zu reduzieren, weit verfehlt, konstatiert Kreisbäuerin Katharina Kern aus Rosenheim.

Flächenentzug soll gestoppt werden
Laut BBV ist den Bauernfamilien und Grundeigentümern an einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Böden zum Erhalt und zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit gelegen. Zum Zwecke der Betriebs- und Flächenweitergabe von Generation zu Generation beabsichtige die nachhaltige Flächennutzung das Erzeugen hochwertiger Lebensmittel, den Erhalt der Kulturlandschaft und die Wahrung der bäuerlichen Existenz. Der anhaltende Flächenentzug laufe dem zuwider. Selbst in Regionen mit Bevölkerungsrückgang würden mehr Flächen neu versiegelt als entsiegelt. Der BBV fordert daher, den Flächenentzug zu stoppen: Der Entzug von land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen für Infrastrukturprojekte soll minimiert, den betroffenen Landwirten Ersatz-Nutzflächen angeboten werden.

Steigender Flächenfraß durch A 94 und ABS 38
Ulrich Niederschweiberer, Kreisobmann des BBV-Kreisverbandes Mühldorf a. Inn, nennt als eine der Ursachen für den steigenden Flächenverbrauch die Autobahn A 94, einerseits wegen des Ausbaus der Infrastruktur und den geplanten Ausbau der Bahnlinie ABS 38, andererseits wegen der benötigten Fläche für Wohnungen und Gewerbe. „Durch die hohe Nachfrage sind auch die Preise für landwirtschaftliche Flächen stark gestiegen, sodass ein Landwirt kaum mehr eine Fläche kaufen kann, wenn er das mit der landwirtschaftlichen Produktion erwirtschaften will“, beanstandet Niederschweiberer.

Wohnraumproblem nicht gelöst
Josef Bodmaier, Kreisobmann des BBV-Kreisverbandes Rosenheim, bemängelt, trotz massiven Flächenentzugs in der Vergangenheit sei die Wohnraumnot nicht gelöst worden. Kommunen und Planer müssten umdenken. Bodmaier rät zu flächenschonendem Bauen, Innenentwicklung und Nachverdichtung. Anstatt immer neue Flächen zu versiegeln, sollten die Kommunen die Nutzung von Konversionsflächen und die Revitalisierung brachliegender Gebäudeflächen „dringend“ beschleunigen. Hilfsmittel wie die Flächenmanagement-Datenbank (FMD) des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) ermöglichten, flächensparend zu planen, und sollten „unverzüglich angewandt“ werden. Des Weiteren müssten Herausnahme und Erwerb landwirtschaftlicher Flächen für Ausgleichmaßnahmen gestoppt werden: Vorrang sollten Produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PIK) auf wechselnden Flächen haben. Solche „innovativen Wege“ wie auch das Nutzen von „Ökokonten“ anstelle des Kaufs vor allem von Äckern habe die Politik in Bayern voranzubringen. Den Willen dazu habe die Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber, MdL (CSU), mit ihrer Regierungserklärung vom 20. Mai 2021 kundgetan – jetzt müssten Taten folgen.

Brenner-Nordzulauf verbraucht Fläche
Bodmaier nimmt auch das Raumordnungsverfahren zum Brenner-Nordzulauf in den Blick: „Besonders im aktuellen Fall des Brenner-Nordzulaufs gehen die Planer der Bahn mit unseren knappen Flächen um, als stünden sie in unendlichem Ausmaß zur Verfügung. Gerade in Rosenheim war und ist der Flächenverbrauch ohnehin schon gigantisch, wir wollen Felder am Ende des Tunnels, keine neuen Megatrassen“, betont Bodmaier.

Dr. Olaf Konstantin Krueger

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