Rohrdorf — Die Kommunen beschäftigt die Frage nach ihrer Belastbarkeit, Krisenfestigkeit und Zukunftsfähigkeit. In der Corona-Krise müssen sie sich nach den Kommunalwahlen im Frühjahr 2020 zudem im Laufschritt reorganisieren: Pandemie, Lockdown und Wirtschaftseinbruch verlangen zusätzliche Anstrengungen zu deren Bewältigung. Die kommunalen Verantwortungsträger werden immer stärker gefordert. Neben der Corona-Pandemie sind in der Gemeinde Rohrdorf im oberbayerischen Landkreis Rosenheim der Brenner-Nordzulauf und das neuerliche Hochwasser aktuelle Themen. Fragen an Simon Hausstetter vom Bürgerblock, seit 100 Tagen Erster Bürgermeister von Rohrdorf.
Krueger: Die Stichwahlen der Kommunalwahlen in Bayern 2020 fanden bereits während der sich entwickelnden Corona-Krise statt. Wie hat sich die Pandemie aus Ihrer Sicht ausgewirkt – einerseits allgemein auf die Kommunalarbeit, andererseits speziell auf Rohrdorf?
Hausstetter: Die ersten 100 Tage meiner Amtszeit waren von drei Themen geprägt, die nicht unbedingt das Attribut „wünschenswert“ verdienen. Mit der Corona-Pandemie, dem Brenner-Nordzulauf und dem Hochwasser Anfang August hat sich gezeigt, dass man als Bürgermeister nicht nur erfreuliche Aufgaben zu bewältigen hat. Andererseits wurde dabei deutlich, wie viel zu schaffen ist, wenn man zusammenhält und gemeinsam an einem Strang zieht.
So ist es uns trotz dieser Probleme gelungen, viele andere Themen zu bearbeiten und entsprechende Projekte anzustoßen. Dabei denke ich vor allem an die Dorfplatzgestaltung in Achenmühle, die geplante Installierung von E-Ladesäulen, die Bildung diverser Arbeitsgruppen im Bereich Bürgerbeteiligung und Kultur oder erste Planungen zur Verbesserung des Radverkehrs. Im zweiten Halbjahr werden wir uns nun verstärkt mit der Umsetzung der zahlreichen Anträge auseinandersetzen, die in den Gemeinderats- und Ausschusssitzungen behandelt wurden. An dieser Stelle möchte ich es nicht versäumen, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus meinen Dank auszusprechen – sie nämlich sind es, die die Ideen zu realisieren haben.
Dabei sind wir natürlich auch von gewissen finanziellen Engpässen betroffen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt. Zwar sind viele Rohrdorfer Firmen wirtschaftlich äußerst stabil, aber wir müssen dennoch damit rechnen, dass die Gewerbesteuer in den nächsten Jahren nicht so sprudeln wird, wie wir das gewohnt sind. Neben der Sorge um die gemeindlichen Einnahmen ist freilich der Erhalt der Arbeitsplätze und das Wohlergehen der Firmen und ihrer Mitarbeiter von großer Wichtigkeit. Abgesehen von den negativen Auswirkungen der Corona-Krise in wirtschaftlicher und gesundheitlicher Sicht, bietet sie aber die Chance, viele Dinge zu verändern und über unseren Umgang untereinander, mit unseren Ressourcen und der Umwelt nachzudenken. Schon allein die Erkenntnis, wie wichtig Kultur- und Gesellschaftsleben für unsere Lebensqualität sind, ist von großem Wert. Ich hoffe, dass diese Erkenntnis auch nach der Krise präsent bleibt!
Krueger: Wie sehen Sie für Rohrdorf die weitere Entwicklung beim Brenner-Nordzulauf?
Hausstetter: Dass – bei allem Fortschritt – nicht alles immer noch größer, schneller und gewinnbringender sein muss und sein kann, sollte auch bei den Planungen zum Brenner-Nordzulauf berücksichtigt werden. So muss in Anbetracht der Corona-Krise die nicht geklärte Bedarfsfrage für eine neue Trasse endlich beantwortet werden. Meine Hoffnung ist noch immer, dass die Vernunft hier den Sieg davontragen wird und Rohrdorf eine jahrelange Großbaustelle und eine sinnlose Trasse erspart bleibt, die das Leben in der Gemeinde vollständig auf den Kopf stellen würde. Mit weit über 2000 Stellungnahmen im Raumordnungsverfahren haben die Rohrdorfer Gemeindebürgerinnen und -bürger deutlich gemacht, dass wir unverändert gegen eine Neubaustrecke argumentieren und eine Zerstörung unserer sensiblen Landschaft nicht dulden können.
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