Töging am Inn — Die Kommunen beschäftigt die Frage nach ihrer Belastbarkeit, Krisenfestigkeit und Zukunftsfähigkeit. Überragende Herausforderungen sind für die lokalen Akteure: fortschreitende Globalisierung, demographischer Wandel und interregionaler Konkurrenzdruck einerseits, prekäre Finanzsituation, digitale Transformation sowie informationstechnische Vernetzung in Staat und Gesellschaft andererseits, obendrein Klimawandel, Wanderungsbewegungen und Diversität. Hinzu kommen Konflikte unterschiedlicher Ausprägung in verschiedenen Bereichen: Raum-, Landes- und Regionalentwicklung, Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, Sicherung der Daseinsvorsorge, Nachhaltigkeitsstrategien, Umweltschutzmaßnahmen, Verkehrs- und Energiewende, Partizipation und Teilhabe. In der Corona-Krise müssen sich die bayerischen Kommunen nach den Kommunalwahlen im Frühjahr 2020 zudem im Laufschritt reorganisieren: Pandemie, Lockdown und Wirtschaftseinbruch verlangen zusätzliche Anstrengungen zu deren Bewältigung – von teils erstmals gewählten Mandatsträgern. Kurzum: Die kommunalen Verantwortungsträger werden immer stärker gefordert. Fragen an Dr. Tobias Windhorst, seit 2014 Erster Bürgermeister der Stadt Töging am Inn im oberbayerischen Landkreis Altötting.
Bei den Kommunalwahlen im März 2020 wurde Tögings Erster Bürgermeister Dr. Tobias Windhorst (CSU) in seinem Amt klar bestätigt (2.746 Stimmen/69,6 Prozent). Im Vergleich zum Kommunalwahlergebnis von 2014 verteidigten die Christdemokraten ihre elf Stadtratsmandate (39.431 Stimmen/54,4 Prozent), die Sozialdemokraten verloren zwei Mandate und kamen auf fünf Sitze (19.486 Stimmen/26,9 Prozent), die Freien Wähler Töging gewannen zwei Mandate und erhielten vier Sitze (13.615 Stimmen/18,8 Prozent). Die Bayerischen Kommunalwahlen wurden zugleich überschattet von der Corona-Krise. Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages (DST), erklärte Ende Juni, die Pandemie stelle Europa „vor eine in dieser Weise nie dagewesene Bewährungsprobe“. Und Verena Göppert, stellvertretende DST-Hauptgeschäftsführerin, konstatierte Mitte Juli, die Gewerbesteuer sei „katastrophal eingebrochen“, die kommunalen Haushalte würden zum Jahresende „so hohe Einbußen erleiden, wie wir sie noch nicht erlebt haben“. Unterdessen stehen die Kommunen vor weiteren Herausforderungen – etwa der Sicherung der Daseinsvorsorge, dem Ausbau der Digitalisierung und der Notwendigkeit zukunftsweisender Investitionen. Tögings Bürgermeister Dr. Windhorst im Gespräch.
Krueger: Herr Bürgermeister, wie hat sich die Corona-Pandemie aus Ihrer Sicht ausgewirkt – einerseits allgemein auf die Kommunalarbeit, andererseits speziell auf Töging?
Windhorst: Töging am Inn war, Gott sei Dank, kein Corona-Hotspot. Wir hoffen alle, dass dies so bleibt und die Infektionszahlen weiter zurückgehen. Trotzdem hat sich natürlich die Corona-Pandemie massiv auf unsere Arbeit ausgewirkt. Wie sich dies auch bei den Stadtfinanzen niederschlägt und damit auf die zukünftige Handlungsfähigkeit der Verwaltung, ist noch nicht absehbar.
Von heute auf morgen war alles anders. Das Rathaus war für den Besucherverkehr nicht mehr beziehungsweise nur mehr eingeschränkt geöffnet. Ein Teil der Belegschaft wurde ins Homeoffice geschickt und es wurden Schichtpläne aufgestellt, damit die Daseinsvorsorgeeinrichtungen wie unter anderem Wasserversorgung und Kläranlage jederzeit aufrechterhalten werden kann. Öffentliche Einrichtungen mussten vorübergehend geschlossen werden, Hygienekonzepte wurden entworfen und umgesetzt. Auch die Sitzungen des Stadtratsgremiums wurden in größere Räumlichkeiten verlegt, um die notwendigen Hygiene- und Abstandsregeln einhalten zu können.
Krueger: Welche kommunalpolitischen Schwerpunkte stehen nun für Sie als Ersten Bürgermeister für Töging im zweiten Halbjahr 2020 auf der Agenda?
Windhorst: Die kommunalpolitischen Schwerpunkte für das zweite Halbjahr 2020 liegen zum einen ganz klar beim Vorantreiben der Breitbandversorgung in unserer Stadt, konkret die weitere Digitalisierung der Verwaltung und die Ausstattung unserer beiden Schulen mit der notwendigen Computerhard- und -software, damit ein uneingeschränktes Homeschooling, falls notwendig, problemlos möglich ist.
Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Bereitstellung von zusätzlichen Kindergarten- und Krippenplätzen, um einen zukünftigen Bedarf zeitnah abdecken zu können. Zurzeit wird bei der Kindertagesstätte St. Johann Baptist ein Raum für eine Krippengruppe neu geschaffen, der ab dem 1. September bereits zur Verfügung steht. Parallel dazu laufen die Planungen für eine vierte Kindertagesstätte auf Hochtouren.
Krueger: Wie steht es um das Vorhaben der Stadt Töging am Inn, ihre öffentliche Wasserversorgung auf eine neue Basis zu stellen?
Windhorst: Die Sicherung der Töginger Trinkwasserversorgung beschäftigt uns schon seit vielen Jahren. Nun scheint endlich das Ziel nahe: Der Standort für einen neuen und zukunftssicheren Trinkwasserbrunnen mit der Erschließung von Tiefenwasser ist gefunden. Die Probebohrungen waren erfolgreich und vielversprechend. Es gilt nun, die Planungen und die Umsetzung für eine neue Trinkwasserversorgung für die Töginger Bevölkerung mit dem Anschluss an unseren Tiefbehälter zu forcieren. Die notwendigen Aufträge sind vergeben.
Unsere Stadt liegt verkehrstechnisch günstig an der Bundesautobahn A 94 zwischen München und Passau. Durch unsere eigene Autobahnausfahrt sind wir ein begehrter Standort für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben. Daher ist es unser Ziel, jetzt und auch in Zukunft geeignete Gewerbeflächen zur Verfügung zu stellen, auch durch interkommunale Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen.
Krueger: Herr Bürgermeister, vielen Dank für das Gespräch.
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