„Für mehr Porzellan statt Plastik!“ – es geht um reduzierten Mehrwertsteuersatz
„Ich war noch nie richtig verliebt. Aber ich stelle mir das Gefühl ähnlich vor wie das, was ich habe, wenn ich den Kellner mit meinem Essen kommen sehe.“ (Will Ferrell, amerikanischer Schauspieler) Foto: Rostislav Ageev/123rf
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„Für mehr Porzellan statt Plastik!“ – es geht um reduzierten Mehrwertsteuersatz

Online-Petition zur Rettung der Gasthauskultur gestartet.

Vor dem Hintergrund der Gesundheit, des Umweltschutzes, der Steuergerechtigkeit, der Wertschätzung und der Zukunftssicherung von Restaurants und Gasthäusern in Deutschland, hat der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag gestartet. Deren Ziel: reduzierten Mehrwertsteuersatz für Speisen einzuführen, unabhängig davon, wie zubereitet, wo gekauft und wie gegessen. „Gerade in jüngster Zeit haben wir zwar die bayerische Politik überzeugt, aber noch nicht die Bundespolitik“, erläutert DEHOGA Bayern-Präsidentin Angela Inselkammer: „Wir haben daher diese deutschlandweite Petition initiiert. Jetzt liegt es an uns, so viele Menschen wie nur möglich zu mobilisieren.“

Damit die erforderlichen 50 000 Unterschriften in den nächsten sechs Monaten erfolgreich gesammelt werden können, sind nunmehr nicht nur gastgewerbliche Unternehmer, sondern auch deren Mitarbeiter und Gäste aufgefordert, sich an der Petition zu beteiligen.
Ökologie statt Plastik

Der Petitionstext im Wortlaut: „Wir erwarten, dass unser Essen steuerlich einheitlich mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz belegt wird, unabhängig von der Art der Zubereitung sowie wo und wie wir es essen. Es ist eine Frage unserer Gesundheit, des Umweltschutzes, der Steuergerechtigkeit, der Wertschätzung und der Zukunftssicherung unserer Restaurants und Gasthäuser. Es ist doch grotesk: Ein gemütliches, gesundes Essen im Sitzen kostet 19% Mehrwertsteuer, im Gehen und Stehen 7%. Verwend ich – ökologisch sinnvoll – bei Buffets Mehrweggeschirr, fallen 19% an, bei Einweggeschirr 7%.

Essen im Kindergarten, der Schule oder im Altersheim wird mit 19% beaufschlagt, in der Uni-Mensa – wo nicht jeder hin darf – mit 7%. Oder warum werden beim frischen Salat im Restaurant 19% berechnet, beim umweltunfreundlich plastikverpackten Salat nur 7%?“

Weitere Folgen der steuerliche Benachteiligung
Gleiche Steuern für Essen wären auch deshalb fair, weil die Gastronomie arbeitsintensiv ist und vielen Menschen einen sicheren Arbeitsplatz bietet, erklärt die DEHOGA Bayern. Auf den gleichen Umsatz kommen in der Gastronomie sechs Mal mehr Mitarbeiter als im Lebensmitteleinzelhandel. Durch 7% entstünden Spielräume für mehr Investitionen, mehr Arbeitsplätze, mehr Lohn und noch attraktivere Angebote. Die Folgen der steuerliche Benachteiligung seien, dass das Gaststättensterben voranschreitet.

Die DEHOGA Bayern verweist zudem auf die gravierenden Auswirkungen auf die Umwelt. Mit ständig überdurchschnittlich wachsenden Umsätzen im Take-away-Bereich und den Lieferdiensten nehme der Plastik- und Pappewahnsinn immer mehr zu. Verantwortlich sei dafür auch die unterschiedliche Besteuerung von verzehrfertigen Lebensmitteln, so z. B. der abgepackte Salat aus dem Supermarkt, die Tiefkühlpizza, die Bratensemmel zum Mitnehmen oder Buffets mit Wegwerfgeschirr, was mit 7% besteuert wird. Für frisches Speisen auf Porzellantellern im Restaurant werden hingegen 19% fällig.

Diese steuerliche Ungleichbehandlung bei gleichzeitig wesentlich höheren Betriebskosten stelle einen massiven Wettbewerbsnachteil für den Gastwirt und damit auch den Gäste dar.
Das Gastgewerbe ist, laut DEHOGA Bayern, mit seinen 50 000 Azubis und 2,4 Millionen Beschäftigten ein ganz wichtiger regionaler Wirtschaftsmotor. Die 180 000 Gastronomiebetriebe sind ein starkes Stück deutsche Wirtschaft und Rückgrat des Tourismus. Sie sind Garanten einer positiven ländlichen Entwicklung, sie sind standorttreu, beziehen ihre Produkte größtenteils aus der Region, produzieren vor Ort, zahlen hier ihre Steuern und sind auf heimische Handwerker und Dienstleister angewiesen.

Wo die Wirtschaft stirbt, stirbt der Ort
Ohne Gasthäuser fehle die wirtschaftliche Grundlage für viele Wirtschaftsbereiche, insbesondere für den Tourismus. Dieser sei, so im Petitionstext veröffentlicht, oft die letzte Chance für eine Region und damit notwendig zur Herstellung und Wahrung gleicher Lebensverhältnisse. Dörfer und Städte verlieren mit schwindender Anzahl an gastgewerblichen Betrieben an Attraktivität.

Warum gibt es den reduzierten Mehrwertsteuersatz?
Bei der Einführung der Mehrwertsteuer wurde zwischen dem vollen und einem reduzierten Steuersatz unterschieden. Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel unterliegen seitdem dem reduzierten Satz, um sie günstig zu halten. Galten in den 60er Jahren Restaurantbesuche als Luxus, hat sich das Einkaufs- und Ernährungsverhalten grundlegend geändert: Mittlerweile kochen nur noch 40% täglich selbst, hingegen sind bei 43% kleine und große Mahlzeiten unterwegs beliebt. Infolgedessen wäre es konsequent, den reduzierten Steuersatz auf Essen einzuführen, unabhängig davon, wie zubereitet, wo gekauft und wie verzehrt.

Situation in der EU
Die DEHOGA Bayern befürwortet ausdrücklich den reduzierten Steuersatz für Lebensmittel, wie er aktuell in 21 von 28 EU-Staaten gilt. In 17 EU-Staaten wird zwischen dem Essen aus dem Supermarkt, dem Essen im Gehen, im Stehen und dem Essen im Restaurant steuerlich kein Unterschied gemacht. So zeigt sich Wertschätzung für die regionale Küche, die frische Zubereitung und die öffentlichen Wohnzimmer.

Nähere Informationen zu dieser Petiton finden Sie online unter http://openpetition.de/!PorzellanStattPlastik.

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