Gewerbe statt Forst in Waldkraiburg: Widerstand gegen Rodung wächst
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Gewerbe statt Forst in Waldkraiburg: Widerstand gegen Rodung wächst

Waldkraiburg – Eine fast zwei Hektar große Waldfläche im Waldkraiburger Gewerbegebiet nördlich der Daimlerstraße soll nach dem Willen des Stadtrates in eine Gewerbefläche umgewandelt werden. Noch trennt der Wald die Wohnbebauung vom bestehenden Gewerbe- und Industriegebiet. Doch dessen Rodung wird den Abstand zwischen Anwohnern und Gewerbetreibenden deutlich verringern. Ein Teil der Fläche ist zudem für ein erforderliches Schalthaus der Stadtwerke vorgesehen, um die Stromversorgung der Betriebe im Gewerbe- und Industriegebiet sicherzustellen. Anlieger und der „Bund Naturschutz“ leisten jedoch Widerstand gegen die Abholzung, einige Stadträte verweigern dem Vorhaben ihre Zustimmung.

Die Rodung des Forstes nördlich der Daimlerstraße scheint ausgemacht: Mitte April stimmte der Stadtentwicklungsausschuss bei zwei Gegenstimmen für eine Erweiterung des Gewerbegebietes. Stadträtin Eva Köhr (CSU) hatte eingewendet, der Grünstreifen sei der einzige Puffer zwischen Wohn- und Gewerbegebiet. Und Stadtrat Harald Jungbauer (CSU) hatte kritisiert: „Was da übrig bleibt, hat den Namen Wald nicht mehr verdient.“ Erster Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG) verwies jedoch auf den akuten Bedarf der Firmen und Stadtrat Ulli Maier (UWG) betonte, sämtliche Flächenverluste würden ausgeglichen und nachgeforstet – zugegebenermaßen außerhalb Waldkraiburgs. Mit einer deutlichen Mehrheit von 24:7 läutete der Waldkraiburger Stadtrat dann Mitte Mai den nächsten Schritt zur Änderung des Flächennutzungsplans ein, wonach das Flurstück entlang der Schilcherlinie in Richtung Norden rechtssicher in ein Gewerbegebiet umgewandelt wird. Bei dieser Abstimmung zeigte sich die Opposition schon deutlicher, denn den ökologischen Bedenken von Köhr und Jungbauer schlossen sich weitere Stadträte an, allen voran SPD-Fraktionssprecherin Susanne Engelmann.

Grundlage für das Vorgehen des Rates sind die Ergebnisse des 2015 von der Stadt in Auftrag gegebenen „Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK)“. Laut Bauamtsleiter Carsten Schwunck ist die erst für 2030 prognostizierte Bevölkerungszunahme auf 24.400 Einwohner bereits 2019 mit inzwischen 25.000 Einwohnern überholt worden. Grund: Zuzüge aus dem Großraum München, positive Familienentwicklung, Zuzug von Arbeitkräften. Dieses Siedlungsaufkommen beanspruche etwa 19 bis 28 Hektar. Verdichtung alleine decke nur 46 bis 68 Prozent des Bedarfs, sodass zusätzliche Flächen entwickelt werden müssten. Würden diese nicht geschaffen, könnten sowohl der Einzelhandel als auch die Industrie und das Gewerbe nachhaltig in ihrer Entwicklung „eingebremst“ werden, so Schwunck.

Fledermäuse verlieren Jagdgebiet

Die Kreisgruppe des „Bund Naturschutz (BN)“ wendet sich dennoch gegen die Erweiterung des Gewerbegebietes: Erstens verringere die Rodung den Abstand zwischen Wohnbebauung und Gewerbegebiet. Zweitens komme dem Wald gemäß Waldfunktionsplan eine besondere Bedeutung für den lokalen Klima-, Lärm- und Immissionsschutz zu, diene der Bevölkerung zudem als Erholungsort. Und drittens verlören seltene Fledermausarten wie die Bechsteinfledermaus, die am Eichelgarten nachgewiesen wurde, wesentliche Teile des Jagdgebietes. Ausgleichsmaßnahmen wie die Aufforstung einer Wiese in einer Nachbargemeinde könnten aus Sicht der Naturschützer weder einen neuen Lebensraum für die Fledermausbestände bieten, noch als Klima-, Lärm- und Immissionsschutz für Waldkraiburg dienen. BN-Ortsvorsitzender Heinrich Hiemesch resümiert, die Erweiterung ginge zulasten des Waldes, obschon das Artenschutz-Volksbegehren und die Klimaschutzdebatte verdeutlicht haben müssten, dass mit dem Schutzgut Wald vorsichtiger als bisher umzugehen sei. Der BN fordert deshalb eine Diskussion über das Engagement der Stadt für die Einhaltung der Klimaziele, insbesondere den Erhalt der Waldflächen.

Unterdessen läuft zum Erhalt des „Naherholungsgebietes für Waldkraiburger“ eine Unterschriftenaktion, die bereits 120 Anwohner, mithin 95 Prozent der direkt Betroffenen, unterschrieben haben. Die Unterschriftenlisten liegen noch bis Ende Juni aus beim „Schreibspezi“, Stadtplatz 30, und in der Bäckerei Hellberg, Daimlerstraße 36. Derweil befindet sich der Flächennutzungsplan in der zweiten Auslegung. Stellungnahmen sind laut Schwunck noch bis Mitte Juli möglich. Der Stadtentwicklungsausschuss wird die Erweiterung der Gewerbefläche voraussichtlich im September erneut öffentlich behandeln.

Dr. Olaf Konstantin Krueger

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