Der Europäische Gerichtshof hat Klage gegen Deutschland wegen der steigenden Nitratbelastung eingereicht. Es geht im Grundsätzlichen um die steigenden Belastungen des Grundwassers durch Nitrat und den mutmaßlichen Hauptverursacher, der Landwirtschaft. Deutschland versäumt seit Jahren, das Problem aktiv anzugehen, wird deswegen angeklagt und muss in der Folge mit bis zu sechsstelligen täglichen Strafzahlungen rechnen. Die neue Düngemittelverordnung soll das Problem lösen oder zumindest reduzieren – doch sind die Verordnungen ausreichend oder gar wirksam?
Die neue Düngemittelverordnung zielt unter anderem auf zwei Aspekte: weniger Ammoniakausdünstungen und weniger Stickstoffaustrag, beispielsweise in Form von Nitrat. Beides dient dem Schutz der Umwelt und sollte entsprechend positiv bewertet werden. Allerdings stellt sich die Frage nach der praktischen Umsetzung und deren tatsächlichen Nutzen. Während die Reduktion von Stickstoff und der damit verbundene Wasserschutz, Stichwort Nitrat, durch neue Berechnungen wie die 170 N Regelung und neue Sperr-
zeiten erreicht werden soll, wird versucht, die Reduktion von Ammoniakausdünstungen über weitere Mechanisierungen wie Schleppschuh und andere bodennahe Ausbringungstechniken zu erreichen.
Weniger Geruchsbelastungen
Erfahrungen zeigen, dass über diese Verfahren die Geruchsbelastungen deutlich zurückgehen. Inwieweit aber Ammoniakemissionen tatsächlich in Summe reduziert werden, wird kontrovers diskutiert. Vieles deutet darauf hin, dass die Reduktionen massiv überschätzt werden, wie Wissenschaftler in Holland aufzeigen. Des Weiteren zeigen Untersuchungen zur Schlitztechnik, wie dadurch Bodenflora und -fauna massiv durch die „scharfe“ Gülle geschädigt werden. Holland rät davon ab, doch bei uns soll es eingeführt werden.
Die neue Düngemittelverordnung lässt jedoch ein Schlupfloch: Initiiert auch vom Bauernverband kann auf die bodennahe Ausbringungstechnik verzichtet werden, wenn eine Güllebehandlung zu ähnlichen Reduktionen der Ammoniakemissionen führt wie bodennahe Ausbringungstechniken. Pflanzenkohle bindet Nährstoffe im Stall und in der Güllegrube oder auf dem Misthaufen.
Sind diese Nährstoffe gebunden, kann es nur noch zu reduzierten Ausgasungen kommen, egal ob in der Güllegrube, bei der bodennahen Ausbringung oder klassischen Ausbringungstechniken. Wichtig ist: Stickstoff ist gebunden, kann nicht mehr verdunsten (zum Beispiel via Ammoniak oder Lachgas) und ausgewaschen werden (etwa als Nitrat), ist aber nach dem Ausbringen für die Pflanzen verfügbar. Eine Gülle wird somit zu einem hochwertigen Dünger veredelt, der Klima, Boden und Gewässer schützt.
Schutzmaßnahmen für die Natur
Um dies zu präzisieren: Die aktuellen Schutzmaßnahmen für die Natur sind nicht überflüssig – ganz im Gegenteil. Durch die Zugabe von Pflanzenkohle in Gülle oder Mist kommt ein weiterer Schutz hinzu, der zudem die Landwirtschaft tatsächlich unterstützt.
Wird der Einsatz von Pflanzenkohle zur Güllebehandlung vom Gesetzgeber positiv bewertet, würden nicht nur die gedachten Schutzmaßnahmen aus der Düngemittelverordnung tatsächlich greifen, sondern die Landwirtschaft erfährt einen echten Zugewinn: Weniger Mechanisierung, weniger Kunstdünger, mehr und besserer eigener Naturdünger mit weniger negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Verschiedene Forschungsprojekte zeigen die tatsächliche Wirkung von Pflanzenkohle und weitere Untersuchungen finden statt, die sich auf die bisherigen positiven Ergebnisse aus Erfahrungswerten stützen.
Landwirte werden zu Klimalandwirten
Schmankerl: Wird Pflanzenkohle in der Landwirtschaft eingesetzt, werden Landwirte zu Klimalandwirten. Eine Tonne Pflanzenkohle bindet etwa 3,6 Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Da Pflanzenkohlen aus pyrolytischen Herstellungsverfahren erst nach rund 1000 Jahren zerfallen, werden mit dem
Einsatz von Pflanzenkohle CO2-Senken geschaffen, vergrößert werden diese Senken durch zusätzlichen Humusaufbau, der durch die Ausbringung von Pflanzenkohle unterstützt wird.
sth/okk