Visionen aus Vinyl – Eine Erfolgsgeschichte aus Niederbayern
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Visionen aus Vinyl – Eine Erfolgsgeschichte aus Niederbayern

Der Schallplattenfan Andreas Bauer, der früher als DJ in Passau selbst auflegte, presst in einer früheren Druckerei in Niederbayern jeden beliebigen Sound auf Vinyl. Mit wachsendem Erfolg.

Totgesagte leben länger: Um die Jahrtausendwende, als die CD ihren großen Siegeszug feierte, glaubte kaum noch einer an die Zukunft der Schallplatte. Heute feiert sie, auch dank leidenschaftlicher "Scheibenmeister" aus Niederbayern, ein großes Comeback: Nicht nur Hipster und Millennials, sondern Musikliebhaber aller Generationen setzen wieder zunehmend auf die runden Platten aus Vinyl.

Seit ziemlich genau zehn Jahren steigt der Absatz wieder. Und genau ein Jahrzehnt ist auch der Tag her, der das Leben des früheren DJs Andreas Bauer grundlegend verändern sollte: Damals erwarb der heute 47-jährige Niederbayer eine Schallplattenpresse aus den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts als Teil einer Insolvenzmasse. Er restaurierte und reparierte die betagte Maschine – und machte sich selbstständig.

Es ist der Beginn einer Erfolgsgeschichte: Rund eine halbe Million fertige Singles und LPs verlassen die Manufaktur in Tiefenbach im Landkreis Landshut jedes Jahr. Aus den bescheidenen Anfängen des Unternehmens "MY45" ist heute ein erfolgreicher mittelständischer Betrieb geworden, der rund 15 Menschen Arbeit gibt und seine Produktion im vergangenen Jahr deutlich erweiterte.

Was die Mannschaft von MY45 zusammenschweißt, ist ihre Leidenschaft für Musik und Vinyl. Ihre Kunden sind besonders aufsteigende Newcomer-Bands und auch Gruppen aus der Independence-Szene, die ihre Songs in kleinen Auflagen fertigen lassen.

"Da die Nachfrage nach Schallplatten in den letzten Jahren stark gestiegen ist, haben viele andere Schallplattenpresswerke die Mindestabnahmen erhöht, wir nicht", sagt Bauer, der das Unternehmen heute gemeinsam mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Helge Sudau leitet. MY45 gehe einen anderen Weg: "Wir unterstützen diejenigen, die als Independent und Hobby-Labels, Musiker und Produzenten dem Tonträger Vinyl immer treu geblieben sind und abseits der großen Labels die Vielfalt der Musikkultur leben", so Andreas Bauer.

Auch bei der Gestaltung setzen die Niederbayern auf Individualität: Individuelle Farben der Platten selbst von transparent über gold und rosa bis hin zu einem marmorierten Design, aber auch speziell entworfene Hüllen, Cover, Schutzhüllen oder Beilagen machen jede Single oder LP auf Wunsch zum Einzelstück. Den Preis für die hochwertige Presskunst können Interessierte sich mit einem Kalkulator auf der Website direkt selbst ausrechnen. Bei einer Auflage von 200 LPs kostet eine Platte mit Cover ab etwa zwei Euro in der Produktion.

Wie kommt die Musik auf eine Schallplatte? Im ersten Schritt, dem so genannten Mastering, werden die vom Kunden digital gelieferten Dateien in analoge Technik umgewandelt. Auch hier nutzen die Tiefenbacher eine historische Spezialmaschine: Ein Schneidestichel ritzt die Tonrille analog zum Musiksignal in eine Klangfolie.

Die hochempfindliche Folie wird anschließend in die Galvanikabteilung gebracht: Sie wird nach mehreren Spülbädern dann dort veredelt. Das heißt: Es wird eine dünne Silberschicht aufgesprüht. Dadurch wird die Folie leitfähig. Im Galvanikbecken legt sich, Elektrolyse macht es möglich, eine dünne Nickelschicht darüber. Anschließend kann dieser Rohling dann als Pressvorlage genutzt werden.

Die Schallplatten selbst bestehen aus Polyvinylchlorid, dessen Abkürzung "Vinyl" den Platten im Englischen ihren Namen gegeben hat. Die Pressmaschine erhitzt die kleinen Vinylkörner und formt sie zu einer Art "Kuchen". Dieser wird dann unter die schwere Presseplatte mit der vorher angefertigten Metall-Vorlage geschoben. Alle 25 Sekunden wirft der betagte Star der niederbayerischen Manufaktur eine fertige Platte aus. obx

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