Der heutige „Internationale Tag der Ersten Hilfe“ soll weltweit den Sinn der Ersthilfe verdeutlichen – und zum Auffrischen der eigenen Kenntnisse in Erster Hilfe ermutigen. BRK-Kreisgeschäftsführerin Tanja Maier veranschaulicht gegenüber Inn-Salzach blick die Bedeutung des Aktionstags und zieht eine Bilanz für das diesjährige Traditionsvolksfest Mühldorf.
Aus Angst, etwas falsch zu machen, unterlässt es fast jeder Zweite (44 Prozent), bei einem Unfall zu helfen. Das besagt eine Forsa-Umfrage von 2015 im Auftrag der Johanniter-Unfall-Hilfe. Der „Internationale Tag der Ersten Hilfe“ bezweckt nun, diese Angst zu nehmen und das Bewusstsein für das Vermeiden von Gefahren zu schärfen. Der Aktionstag wurde im Jahr 2000 von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Halbmondgesellschaften initiiert und soll die Wichtigkeit fachgerechter Nothilfe bei Unfällen und Katastrophen unterstreichen.
Streng genommen ist in Deutschland jeder gesetzlich verpflichtet, Erste Hilfe zu leisten, sofern ihm die Hilfeleistung den Umständen nach zuzumuten ist, er dabei andere wichtige Pflichten nicht verletzt und sich selbst nicht in Gefahr bringt. Unterlassene Hilfeleistung kann sogar mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Zugleich hat der Gesetzgeber die Ersthelfer geschützt: Falls durch Sofortmaßnahmen wie eine Herz-Druck-Massage gesundheitliche Beeinträchtigung beim Hilfsbedürftigen entstehen, drohen Ersthelfern keine rechtlichen Konsequenzen. Das Bayerische Rote Kreuz betont, dass im Notfall jeder Versuch zu helfen besser sei, als nichts zu tun. BRK-Kreisgeschäftsführerin Tanja Maier erklärt im Interview mit unserem Redakteur Dr. Olaf Konstantin Krueger die Bedeutung der Ersthilfe.
Inn-Salzach blick: Der „Internationale Tag der Ersten Hilfe“ soll die Bedeutung fachgerechter Nothilfe bei Unfällen und Katastrophen in das öffentliche Bewusstsein rücken. Welche Bedeutung hat dieser Aktionstag für Sie als Kreisgeschäftsführerin des Bayerischen Roten Kreuzes in Mühldorf?
Tanja Maier: Jede Aktion, jeder Aktionstag, der das Thema „Erste Hilfe“ in der Bevölkerung bekannt macht, ist sinnvoll. Es liegt in der Natur des Menschen, sich ungern mit Notfällen auseinander zu setzen und zu hoffen, „mich wird es schon nicht treffen“. Wir haben uns in diesem Jahr für eine ganze Aktionswoche mit dem Schwerpunkt der Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) in Schulen entschieden, um dieses Thema bereits bei unseren jungen Leuten zu platzieren. Unsere Mitarbeiter werden in der 38. Kalenderwoche – der Woche der Reanimation – unter dem Motto: „Schüler retten Leben“ in zahlreichen Schulen im Landkreis vor Ort sein und über 3.000 Schüler in der HLW unterrichten. Wenige Handgriffe, die Leben retten!
Den Lernenden zeigen wir, wie man ganz einfach feststellen kann, ob ein Mensch wiederbelebt werden muss, und was es hier zu berücksichtigen gibt. Dann wird an Puppen das richtige Drücken geübt, damit jeder ein Gefühl für die Frequenz und Stärke des Drückens bekommt. Daumenregel: Im Geiste „Yellow Submarine“ der Beatles summen – das ist in etwa die richtige Druckfrequenz.
Inn-Salzach blick: In Deutschland ist grundsätzlich jeder gesetzlich verpflichtet, Erste Hilfe zu leisten, also Maßnahmen durchzuführen, die menschliches Leben retten sowie bedrohende Gefahren oder Gesundheitsstörungen bis zum Eintreffen professioneller Hilfe abwenden oder mildern. Welches sind Ihre wichtigsten Tipps für Ersthelfer?
Tanja Maier: Bei der ersten Hilfe geht es darum, die Zeit bis professionelle Hilfe kommt, zu überbrücken. Der Eigenschutz geht vor, das heißt, bei Verkehrsunfällen muss gegebenenfalls zuerst die Unfallstelle abgesichert werden. Ersthelfer sollen sich bemühen, ruhig zu bleiben. Bei der überwiegenden Anzahl muss der Ersthelfer nicht Leben retten, sondern es geht vor allem darum, bei den Verletzten zu bleiben und Sie zu beruhigen.
Starke Blutungen sollten gestillt werden, bei Bewusstlosigkeit muss die Atmung überprüft werden. Atmet der Patient ausreichend, ist die stabile Seitenlage anzuwenden und dann der Notruf abzusetzen. Atmet der Patient nicht oder nicht ausreichend, kommt die Herz-Lungen-Wiederbelebung zum Einsatz. Wenn man alleine ist, muss der Notruf vorher abgesetzt werden, auch wenn Eile geboten ist. Die Handgriffe sollte wirklich jeder in den Rotkreuzkursen auffrischen, insbesondere weil die meisten Notfalleinsätze des Rettungsdienstes in Privathaushalten stattfinden.
Inn-Salzach blick: Welche Bilanz ziehen Sie aus Sicht des BRK-Kreisverbandes Mühldorf für das Traditionsvolksfest 2016?
Tanja Maier: Das BRK hatte dieses Jahr zum zweiten Mal seinen Standort an der Eishalle, was sich wiederum gut bewährt hat. Der gemeinsame Funkkreis im Digitalfunk mit der Polizei und der Stadt hat sich gut bewährt, dadurch waren die Wege der gegenseitigen Alarmierung extrem kurz. Wir hatten auch vom Sicherheitsdienst ESD einen eigenen Funk, sodass die Mitarbeiter, die in den Zelten direkt vor Ort waren, uns sofort alarmieren konnten.
In diesem Jahr waren erfreulicherweise weniger schwere Einsätze zu verzeichnen. Dass ’mal jemand von der Bank purzelt und sich verletzt, liegt in der Natur eines Volksfestes. Die hohen Temperaturen machten manchen Besuchern zu schaffen, es gab mehr Einsätze wegen Kreislaufproblemen. Nennenswert ist sicher auch der Verbrauch von acht Metern Blasenpflaster für überwiegend junge Besucherinnen. Das Volksfest war wieder ein tolles Ereignis, aber nach elf Tagen sind die Einsatzkräfte doch froh, wenn es dann vorbei ist.
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