Start-up „innFactory“ im „Stellwerk 18“: „Cloud Computing lässt sich in jeder Branche einsetzen“
Folgen in der ersten Reihe gebannt den Ausführungen von Tobias Jonas (r.) im Inno-Raum der Alten Schlosserei der Kathrein Werke (v.l.n.r.): Wolfgang Berthaler, Landrat des Landkreises Rosenheim, Anton Klaus Kathrein, Geschäftsführender Gesellschafter der Kathrein Werke KG, Rosenheims Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner sowie die CSU-Landtagsabgeordneten Klaus Stöttner und Otto Lederer. Foto: okk

Start-up „innFactory“ im „Stellwerk 18“: „Cloud Computing lässt sich in jeder Branche einsetzen“

„innFactory“ gehört zu den ersten Start-ups, die über das Digitale Gründerzentrum in Rosenheim „Stellwerk 18“ gefördert werden. Dessen Produkt „SmartCart“ soll den Einzelhandel verändern. Tobias Jonas ist Mitbegründer der „innFactory Gesellschaft“ und Mitglied der „Rosenheimer Initiative zur Förderung der Informations- und Kommunikationstechnik (ROSIK)“. 1992 in Siegen geboren, wurde Jonas von 2009 bis 2012 zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung mit Staatspreis ausgebildet, schloss heuer sein Bachelorstudium an der Hochschule Rosenheim als B. Sc Informatik ab und absolviert derzeit ein Masterstudium zum M. Sc. Informatik. Seit 2014 ist er freiberuflicher IT-Consultant im Bereich Cloud Computing und Software Engineering bei „Jonato IT Solutions“ in Rosenheim. Mit ihm sprach Dr. Olaf Konstantin Krueger.

blick: In Ihrer Bachelorarbeit haben Sie sich mit Cloud Computing, kurz: CC, befasst – speziell mit Amazon Cloud. In Ihrer Masterarbeit gehen Sie einen Schritt weiter, beschäftigen sich mit Cloud Computing und maschinellem Lernen. Welchen Stellenwert messen Sie aktuell CC im Allgemeinen bei – für Privatanwender einerseits, für Unternehmen andererseits?

Tobias Jonas: Für Privatanwender sind lediglich Clouddienste wie SaaS (Software as a Service) sinnvoll und eine Erleichterung im Alltag. Dazu zählt beispielsweise Software wie Dropbox, Google Drive, iCloud, Office 365, Spotify, Amazon Prime Video oder Netflix. IaaS (Infrastructure as a Service) und PaaS (Platform as a Service) findet man im privaten Umfeld nicht. Für Unternehmen existieren von IaaS über PaaS bis hin zu SaaS sehr viele nützliche Dienstleistungen und Softwaresysteme. Deren Stellenwert bestimmen die Unternehmen selbst: Von „alle Systeme im Haus“ bis zu „volles Outsourcing sämtlicher Systeme“ existieren praktikable Lösungen. Gut geplante CC-Architekturen sparen den Unternehmen meiner Meinung nach viel Zeit, Geld und Ressourcen.

blick: In welchen Branchen ist Cloud Computing aktuell besonders wichtig – allgemein und in Rosenheim?

Tobias Jonas: Cloud Computing lässt sich in jeder Branche einsetzen, da das Modell überall funktioniert, wenn die Entscheider dem Ganzen vertrauen. Ich denke, dass fast alle Unternehmen mittlerweile auf virtualisierte Systeme setzen. Der Umstieg auf CC ist dann einfach. Viele denken bei Cloud Computing ja nur an Amazon, Google oder Microsoft. Dabei kann beispielsweise auch mit OpenStack eine Cloud im eigenen lokalen Rechenzentrum betrieben werden. Das machen etwa die Nasa und das CERN. Auch die neue Telekom Cloud basiert auf der kostenlosen Software OpenStack. Der Betrieb erfordert allerdings sehr viel Know-how. Das entfällt bei Anbietern wie Amazon, Google oder Microsoft.

blick: Welche Unternehmen sind in der kreisfreien Stadt Rosenheim und im Landkreis beim Cloud Computing Vorreiter, welche Innovatoren?

Tobias Jonas: Im Bereich Microsoft Azure sind dies in Rosenheim „white duck – Gesellschaft für Softwareentwicklung mbH“, dessen Chief Technology Officer übrigens an der Fachhochschule Rosenheim Vorlesungen zur Cloud-Architektur hält, sowie „Halvotec Information Services“. Die Formware GmbH mit ihren Lösungen für alle Bereiche des Dokumenten- und Output-Managements betreibt ein eigenes Rechenzentrum in Nußdorf am Inn. Ich habe mich als Freelancer auf den Bereich Amazon Cloud spezialisiert und werde diesen Bereich zusammen mit meinen Kollegen bei „innFactory“ weiter verfolgen.

blick: Zu den rund 110 ROSIK-Mitgliedern gehören die Städte Rosenheim und Kolbermoor, das Landratsamt Rosenheim, die Gemeinden Schechen und Stephanskirchen sowie die Stadtwerke Rosenheim, überdies die Fachhochschulen Kufstein und Salzburg sowie die Hochschule Rosenheim, die RoMed Kliniken und die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling. Welchen Stellenwert nimmt Cloud Computing dort aktuell ein?

Tobias Jonas: In Forschung und Lehre ist der Stellenwert von Cloud Computing sehr hoch. Viele Vorlesungsangebote der Fachhochschulen gehen auf das CC ein. In der Medizin und im Bankenwesen sind Clouds nicht verbreitet. Aus meiner beruflichen Praxis als Softwareentwickler weiß ich, dass die Kliniken Südostbayern sehr viel mit Citrix und VMWare virtualisieren. Der Schritt zum Cloud Computing und der höheren Automatisierung der Infrastruktur ist hier nur noch ein kleiner, da die Ressourcenpools bereits vorhanden sind.

blick: Welche Risiken sehen Sie bei einer zunehmenden Verbreitung des Cloud Computing?

Tobias Jonas: Das größte Risiko hat weniger mit CC an sich zu tun als vielmehr mit der IT-Sicherheit, die teilweise stark vernachlässigt wird. Viele Systeme werden nicht auf dem aktuellen Stand gehalten, Qualitätsmanagement und Tests kommen in Softwareprojekten oft zu kurz. Ich sehe CC eher als Chance, die IT-Sicherheitsprobleme zu minimieren, denn die CC-Anbieter halten ihre Systeme meistens auf dem aktuellen Stand. Bei Public Clouds hängt das CC stark von der Verlässlichkeit der Internetanbieter ab, beispielsweise von der Deutschen Telekom.

blick: Im Digitalen Gründerzentrum in Rosenheim entwickeln Sie über das Start-up „innFactory“ im Bereich CC und SaaS eine neue Lösung für den Einzelhandel. Welches Konzept steckt dahinter?

Tobias Jonas: Über „innFactory“ wird das Produkt „SmartCart“ entwickelt, das Händlern komplett neue digitale Marketingwege eröffnet: Im ersten Schritt werden mithilfe von Vorschlagssystemen personalisierte Preise generiert und dem Kunden passende Angebote in seinem Umkreis oder beispielsweise innerhalb eines Einkaufszentrums vorgeschlagen. Damit der Kunde beim Einkauf Zeit spart, wird er durch Indoor Navigation unterstützt. Während der Navigation sucht die Software fortwährend nach passenden Angeboten. Im zweiten Schritt wird Mobile Payment, mobiles Bezahlen, integriert. Die Entwicklung des Prototyps wird über Beratung im Software Engineering- und Cloud Computing-Sektor finanziert. Interessenten erhalten Anfang 2017 über unsere Website innFactory.de mehr Information.

blick: Vielen Dank für das Interview.

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