Rechtstipps zu Kavaliersdelikten!
Vermutlich hat sich jeder schon mal ein bisschen über die Grenzen des Erlaubten bewegt – nicht selten, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Denn rund um kleinere Delikte gibt es viele Fragen. Was droht zum Beispiel, wenn man über eine rote Ampel geht? Darf ich mir einen Blumenstrauß im Stadtpark zusammenpflücken? Und ist es überall erlaubt, ein Liebesschloss anzubringen? Der Rechtsanwalt Stefan Kranz aus der Kanzlei Bernzen Sonntag Rechtsanwälte, Partneranwalt von ROLAND Rechtsschutz, erklärt, wann Bürger im Alltag ganz ohne böse Absicht in rechtliche Schwierigkeiten geraten können. Rechtstipps zum Thema Kavaliersdelikte:
Ungeduldiger Fußgänger – was droht rechtlich, wenn ich eine rote Ampel ignoriere?
Es schaut ja gerade niemand – also schnell über die rote Ampel gehuscht. Dass das nicht erlaubt ist, dürfte jedem bekannt sein. Aber was droht eigentlich, wenn ich dabei erwischt werde? „Wer als Fußgänger eine rote Ampel ignoriert, muss ein Bußgeld von fünf Euro bezahlen“, erklärt Rechtsanwalt Stefan Kranz. „Passiert im Zuge dessen sogar ein Unfall, werden zehn Euro fällig.“
Übrigens: Missachtet ein Radfahrer die rote Ampel, drohen Bußgelder zwischen 60 und 180 Euro. Außerdem handelt sich der Rotlichtsünder auf dem Drahtesel auch noch einen Punkt in Flensburg ein.
Teurer Müll – was, wenn ich Kaugummis oder Zigaretten auf den Boden werfe?
Das Kaugummi hat längst seinen Geschmack verloren, aber ein Mülleimer ist nicht in Sicht. Darf ich es dann einfach auf dem Gehweg entsorgen? „Das achtlose Ausspucken eines Kaugummis ist eine unzulässige Abfallentsorgung und kann mit einem Verwarn- oder Bußgeld geahndet werden“, so der Rechtsexperte. Je nach Kommune kann diese Bequemlichkeit zwischen 20 und 35 Euro kosten. Mit einem ähnlichen Bußgeld muss ein Raucher rechnen, der seine Zigarette gedankenlos auf den Boden wirft. Hier besteht zudem die Gefahr, dass die noch brennende Kippe etwas in Brand setzt. Also lieber den nächsten Mülleimer oder Aschenbecher suchen.
Florale Selbstbedienung – ist es erlaubt, Blumen im Park zu pflücken?
Mutti oder der Angebeteten ein paar selbst gepflückte Blumen aus dem Stadtpark mitbringen? Eine schöne Idee – doch leider nicht erlaubt. Rechtsanwalt Kranz: „Öffentliche Parks oder Grünflächen stehen im Eigentum der Gemeinde oder der Stadt.“ Und damit auch deren Bepflanzung. „Wer also Blumen aus dem Beet reißt oder von der Wiese pflückt, muss damit rechnen, dass die Gemeinde oder Stadt Schadenersatz verlangt. Strafrechtlich kann sogar eine Anzeige wegen Sachbeschädigung drohen.“ Deshalb ist es ratsam, für einen schönen Strauß lieber einen Umweg zum Floristen zu machen.
Eiserner Liebesbeweis – sind Liebesschlösser überall erlaubt?
Ist die große Liebe erst einmal gefunden, muss das natürlich zelebriert werden. Warum nicht mit dem oder der Angebeteten als Zeichen der Zusammengehörigkeit ein Liebesschloss an einer Brücke anbringen? Doch auch hier gibt es Einschränkungen: „Manche Städte, so zum Beispiel Berlin oder Venedig, haben diesen Brauch verboten“, erklärt Kranz. Wenn sich die Turteltauben aber vorher schlaumachen, wo genau sie sich mit einem gemeinsamen Schloss verewigen dürfen, steht solch einem lebenslangen Liebesbeweis zumindest rechtlich gesehen nichts im Wege.
Kostspielige Notdurft – welche rechtlichen Konsequenzen drohen beim Wildpinkeln?
Eine unangenehme Situation: Auf dem Heimweg nach der ausgelassenen Party verspürt man plötzlich ein dringendes Bedürfnis. Doch wer diesem Bedürfnis in der Öffentlichkeit freien Lauf lässt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. „In der Regel wird für das Urinieren in der Öffentlichkeit zwar nur eine Verwarnung oder ein Bußgeld von etwa 35 Euro verhängt“, so der Anwalt. „Uriniert der Wildpinkler aber an ein denkmalgeschütztes Gebäude, kann ihn das bis zu 5.000 Euro kosten.“ Wenn er dabei auch noch die Aufmerksamkeit von Dritten auf sich zieht und damit für öffentliches Ärgernis sorgt, kann das im schlimmsten Fall sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedeuten.
Großformatige Botschaft – darf ich ein Plakat an einer Brücke anbringen?
Briefe, Songs, Liebesschwüre – nichts scheint die Angebetete betören zu wollen. Vielleicht hilft ja eine überdimensionale Liebesbotschaft an einer Autobahnbrücke? Doch Vorsicht: „Wer ein Plakat über einer Autobahn befestigt, greift damit unerlaubt in den Straßenverkehr ein“, erklärt Anwalt Stefan Kranz. „Autofahrer könnten durch das Transparent vom Straßenverkehr abgelenkt werden, oder das Schild löst sich schlimmstenfalls und verursacht einen Unfall.“ Dann muss der Plakat-Casanova womöglich noch für entstandene Schäden oder gar Verletzungen geradestehen – und ob ihm das die Zuneigung seiner Liebsten beschert, ist fraglich.
Überraschender Fund – darf ich gefundenes Geld behalten?
Man kann sein Glück kaum fassen: Am Straßenrand liegt ein 50-Euro-Schein und vom Besitzer ist weit und breit keine Spur. Gilt nun: „Wer’s findet, dem gehört’s“? Rechtsanwalt Stefan Kranz: „Bei einem Wert von maximal zehn Euro bedarf es keiner Fundanzeige und der Finder kann das Geld tatsächlich behalten – sofern der eigentliche Besitzer in den sechs Monaten nach dem Fund unbekannt bleibt. Alles, was diesen Betrag überschreitet, muss er jedoch bei der Polizei oder dem Fundbüro abgeben.“ Dem ehrlichen Finder steht dann ein Finderlohn von etwa fünf bis zehn Prozent zu. Wird der Besitzer im nächsten halben Jahr nicht ermittelt, bekommt der Finder auch hier den vollen Betrag. Ehrlich währt halt doch am längsten.
Verbotene Früchte – darf man Obst im Supermarkt vorkosten?
Auf den ersten Blick sehen die Erdbeeren in der Obst-Auslage ja ganz gut aus. Aber ob die Optik auch hält, was sie verspricht? Eine kleine Kostprobe vor dem Kauf wird ja sicherlich erlaubt sein. Auch hier herrscht ein weit verbreiteter Irrtum. „Viele Supermärkte sind in solchen Fällen zwar kulant und erlauben das Naschen an der Obst-Theke. Aber rechtlich gesehen ist das Probieren im Supermarkt verboten und gilt als Diebstahl“, betont der Anwalt. Da kommen Käufer mit der sprichwörtlichen Katze im Sack wohl immer noch günstiger davon als mit einer Anzeige wegen Ladendiebstahls.
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