Trittbrettfahrer werden belangt: Falsche Bombendrohung ist kein Dummejungenstreich
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Trittbrettfahrer werden belangt: Falsche Bombendrohung ist kein Dummejungenstreich

Die Anspannung ist hoch nach den beiden Terrorakten in Würzburg und Ansbach und dem Amoklauf in München. Unruhestiftende Trittbrettfahrer verunsichern die Bevölkerung zusätzlich und bewirken unnötige Polizeieinsätze. Dabei ist ihr Tun kein „Dummejungenstreich“, sondern kann straf- und zivilrechtlich geahndet werden mit erheblichen finanziellen Konsequenzen, warnt die Polizei.

Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd gehören gemeinsam mit den Organisatoren, den Gemeinde- und Stadtverwaltungen sowie den Landratsämtern erstellte und überprüfbare Sicherheitskonzepte zum Grundstock polizeilicher Arbeit bei Großveranstaltungen. Unter dem Eindruck der jüngsten Terrorakte werden beispielsweise Polizeipräsenz und Stichprobenkontrollen erhöht.

Beim 151. Mühldorfer Traditionsvolksfest, zu dem die Kreisstadt vom 26. August bis 5. September rund 200.000 Besuchern erwartet, soll die Sicherheit der täglich etwa 25.000 Besucher mit einem Maßnahmenbündel gewährleistet werden: Erstens erhält das gesamte Festgelände eine netzunabhängige Beleuchtung, zweitens werden an neuralgischen Punkten Barrieren aufgestellt, um Anfahrten zu verhindern, drittens werden zur bestehenden Fluchttreppe im Südbereich zwei weitere Fluchtwege angelegt, viertens erhöhen Polizei und Sicherheitsdienst ihre Streifenpräsenz und fünftens führt der Sicherheitsdienst an den Haupteingängen selektiv Zugangskontrollen durch. Ein generelles Rucksack- oder Taschenverbot gibt es zwar nicht, doch Stadt und Polizei appellieren an alle Festbesucher, jene daheim zu lassen. Trachtenträger sind aufgefordert, ihre Hirschfänger – die so genannten „Feitl“ – zu Hause zu lassen.

Beim 155. Rosenheimer Herbstfest, das heuer rund eine Million Besucher vom 27. August bis 11. September zur Loretowiese locken dürfte, wird das Volksfestgelände erstmals täglich in der Frühe von Sprengstoffhunden abgesucht. Die bis zu zehn Polizisten auf der „Wiesnwache“ im Erdgeschoss des „Glückshafens“ werden von Beamten der Bereitschaftspolizei unterstützt, am Wochenende auch von Kollegen aus Österreich. Der Wach- und Ordnungsdienst ist personell aufgestockt worden. Obendrein streamen fünf Videokameras das Geschehen rund um die Uhr in die Einsatzzentrale. Die Aufzeichnungen werden drei Wochen bevorratet.

Der Zutritt zur Loretowiese erfolgt nur über den Haupteingang Kaiserstraße und die Eingänge Herbststraße und Kaiserbad, die Nebenzugänge bleiben geschlossen. Technische Sperren wird es aber laut Richard Gröger, Leitender Polizeidirektor des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, keine geben. Alfons Zehnter, stellvertretender Inspektionsleiter der Polizeiinspektion Rosenheim, empfiehlt, Hirschfänger daheim zu lassen, da sie nach dem Waffengesetz verboten seien. Gröger und Zehnter setzen zudem auf die erhöhte Aufmerksamkeit der Festbesucher, Verdächtiges zu melden. Herbert Hoch, Dezernatsleiter Recht, Sicherheit, Ordnung der Stadt Rosenheim, beruhigt, aus der Loretowiese werde kein „Hochsicherheitsbereich“. Der Volksfestcharakter bleibe erhalten.

„Sprenge alle in die Luft“

Aus der vermeintlichen Anonymität heraus agierende Trittbrettfahrer verschärfen derweil die Gefahrenlage. Dabei ist ihr Tun kein Dummejungenstreich. Erst kürzlich ist es dank der erhöhten Wachsamkeit und des schnellen Einschreitens der Einsatzkräfte vor Ort gelungen, einen 22-Jährigen festzunehmen, der telefonisch eine Explosion am Schlierseer Seefest angekündigt hatte. Ernsthafte Gefahr für die Besucher bestand nicht, dieser aktuelle Fall zeigt aber, was bereits ein Drohanruf auslöst.

Der zunächst Unbekannte meldete sich per Notruf in der Rosenheimer Einsatzzentrale und drohte, noch am Abend auf dem Seefest „alle in die Luft zu sprengen“. Unverzüglich wurden Streifen auch umliegender Dienststellen zusammengezogen und die Veranstalter informiert. Zivilbeamte auf dem Gelände untersuchten verdächtige Gegenstände. Die Polizeiinspektion Miesbach übernahm die Einsatzleitung.

Nur 20 Minuten nach Eingang des Telefonates und kurz vor der Umsetzung der vorbereiteten Räumungsmaßnahmen gelang die Festnahme: Einer Hundeführerin war eine verdächtige Person unweit einer Telefonzelle aufgefallen. Sofort wurden weitere Überprüfungen eingeleitet. Schnell war klar, dass es sich bei dem überwiegend wegen Kleindelikten bekannten 22-Jährigen wegen Stimmenähnlichkeit um den Anrufer handeln durfte. Die unmittelbar bevorstehende Information der Gäste und geordnete Räumung des Geländes konnte unterbleiben, nachdem für die Einsatzleitung fest stand, dass es sich um keine ernstgemeinte Drohung handelte.

Rechtliche und finanzielle Konsequenzen

Der bei der Tatausführung unter Alkoholeinfluss stehende 22-Jährige aus dem Landkreis Miesbach wird sich sowohl straf- als auch zivilrechtlich verantworten müssen: Ihm können die Kosten für absichtlich grundlos herbeigeführte Polizeieinsätze in Rechnung gestellt werden. In München kann Trittbrettfahrern, die mit Posts in sozialen Netzwerken Polizeieinsätze auslösen, pro eingesetztem Beamten und Stunde jeweils 54 Euro in Rechnung gestellt werden. Bei Hubschraubereinsatz werden 1700 Euro pro Stunde fällig.

Die Beamtinnen und Beamten im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd wollen nach den Worten von Pressesprecher Andreas Guske „solchen Trittbrettfahrern, die mit ihren dummen Aktionen das Sicherheitsempfinden empfindlich stören können, das Leben schwer machen“. Und Polizeipräsident Robert Kopp betont: „Wir dürfen es jetzt nicht zulassen, dass sich bei all den dramatischen Geschehnissen das Leben und die Gewohnheiten in unserer freiheitlichen Gesellschaft grundlegend verändern. Angst und Furcht dürfen unser Leben nicht dominieren.“

Olaf Konstantin Krueger

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