Maha und Benjamin sitzen bei der Deutschen Angestellten Akademie (DAA) in Rosenheim und erzählen ihre Geschichte. Sie wollen damit anderen jungen Menschen, deren bisheriges Leben nicht gerade in Watte gepackt war, Mut machen und ihnen eine Ausbildung ans Herz legen.
Franz Hagenauer, Teamleiter Berufsberatung, und Katharina Kristen, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit, haben im Rahmen der deutschlandweiten Woche der Ausbildung die DAA besucht. Die DAA ist unter anderem Träger von Maßnahmen der Agentur für Arbeit Rosenheim, wie die ausbildungsbegleitenden Hilfen, kurz abH genannt und BerEB, der Beruflichen Einstiegsbegleitung.
Maha Hussein, eine zierliche, selbstbewusste junge Frau aus dem Irak schildert ihren Weg zu einem Leben in Deutschland mit dem festen Wunsch, einen Beruf zu erlernen.
Maha: „Ich bin vor neun Jahren im Rahmen der Familienzusammenführung – mein Vater und mein Bruder waren schon in Deutschland – nach Kolbermoor gekommen. Ich musste sofort die Schule besuchen und saß in der siebten Klasse der Pauline-Thoma-Schule und verstand erst einmal kein Wort. Auch die Schrift war mir komplett fremd, denn in meiner alten Schule in Bagdad wurde nur arabisch gesprochen und geschrieben und in Jordanien, der ersten Etappe unserer Flucht, durfte ich erst gar nicht in die Schule gehen.
Ich freute mich schon riesig auf den Deutschkurs (bezahlt vom Bundesamt für Migration), denn ich wollte ja bleiben, meine Schule ordentlich abschließen und dann eine Ausbildung machen. Ich verließ die Mittelschule mit dem Hauptschulabschluss und hatte Glück, dass mir mein jetziger Chef, der Zahnarzt Michael Bichler, nach zwei erfolgreichen Praktika den Einstieg in die Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten ermöglicht hat.
Am 1. November 2011 konnte ich mit der Ausbildung beginnen. Schnell war aber klar, dass ich Unterstützung und Hilfe brauche, damit ich meinen Berufsabschluss schaffe. Da wurde mir abH angeboten und ich ergriff sofort den Strohhalm!“
Semra Yazan-Bachmayr, die betreuende abH-Sozialpädagogin bei der DAA, erzählt begeistert: „Maha hatte einen großen Wissensdurst und war extrem fleißig. Sie belegte zusätzlich einen Deutschkurs, kam freiwillig zu den Pauktagen am Samstag und war vorbildlich mit ihren Prüfungsvorbereitungen. Jetzt hat sie die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, und das, obwohl sie wegen Schwangerschaft und Geburt ihres Sohnes auch noch pausieren musste. Und – wie man sich vorstellen kann – war auch die familiäre Situation dadurch nicht einfach.“
Maha ergänzt: „Aber ich habe einen ganz tollen Chef! Er hat mich immer unterstützt, hat mir sogar bei der Wohnungssuche geholfen und mir frei gegeben, wenn ich dringend lernen musste. Es war keine einfache Zeit, aber ich hatte den unbedingten Willen, es zu schaffen. Ich wollte eine Zukunft für mich und meine kleine Familie. Jetzt bin ich am Ziel!“
Auch Benjamin Petzold, ein 16-jähriger junger Mann, erzählt von seiner familiären Situation und von seinen beiden Wünschen: Erst einen guten qualifizierenden Hauptschulabschluss machen und dann eine Ausbildung in einem Bioladen beginnen. Wenn er so vor einem sitzt, denkt man sich, der schafft das doch locker alleine, aber Benjamin nimmt die Hilfe von BerEB gerne ich Anspruch.
„Ich weiß, dass meine Ausgangsposition nicht ganz einfach war und zum Teil noch ist. Meine Eltern hatten sich getrennt, als ich noch ein Kind war, nach verschiedenen Stationen lebe ich nun seit mehreren Jahren bei meiner jetzigen Pflegefamilie und fühle mich dort auch wohl. Die erste Schulzeit verbrachte ich in einer Schule mit Waldorfpädagogik. Seit der siebten Klasse besuche ich nun die Justus-von-Liebig-Mittelschule in Heufeld.
Der Schulwechsel war nicht einfach für mich, aber ich möchte auf alle Fälle den Quali schaffen und dann nahtlos die Ausbildung beginnen. Ich war froh, dass ich in das Projekt BerEB konnte, denn hier werde ich individuell betreut. Mittlerweile weiß ich, wie man mit Personalentscheidern und Arbeitskollegen reden muss, einfach anders als mit einem Kumpel. Dabei hat mir meine Betreuerin Marion Schreiber von der DAA geholfen.“
Marion Schreiber zu Benjamin und der Maßnahme BerEB: „ Das Schöne an der Maßnahme ist, dass man den Jugendlichen dort abholen kann, wo Hilfe notwendig ist. Ich bin quasi ein Coach, der feinfühlig Sachen in die Hand nimmt. Im Fall von Benni zum Beispiel die notwendigen Absprachen mit dem Jugendamt. Und … wir können den Schülern zuhören. BerEb ist ja langfristig angelegt und diese Zeit braucht man auch, um Vertrauen aufzubauen. Benni hat einen eigenen Willen und sehr viel Kraft, er nimmt aber auch Hilfe an.
Wir dachten ja schon, dass mit der Ausbildungsstelle alles in trockenen Tüchern ist, denn Benni arbeitet jeden Samstag in einem Bioladen, wo er auch gerne die Lehre gemacht hätte. Leider hat der Betrieb keine Ausbildungsberechtigung. Also ging die Suche wieder von vorne los. Jetzt hat es aber geklappt, er kann im Herbst bei denn´s Biomarkt anfangen und wird von mir noch ein halbes Jahr weiter betreut. Falls er dann noch Unterstützung braucht, kann er nahtlos in abH wechseln.“
Benni ergänzt: „Durch die positiven Rückmeldungen, die ich hier erhalten habe, kann ich mittlerweile sagen: Wenn mir jemand Steine in den Weg legt, baue ich was Schönes draus! Zuerst den Quali und dann die Ausbildung zum Verkäufer und dann weiter zum Einzelhandelskaufmann – das ist der Weg, den ich gehen möchte.“
Franz Hagenauer abschließend: „ Diese beiden jungen Menschen sind ganz tolle Beispiel was man schaffen kann, wenn man ein festes Ziel hat und auch etwas dafür tut. Ich kann nur andere ermuntern sich nicht zu scheuen, angebotene Unterstützungen auch anzunehmen. Unsere Berufsberater klären gerne die Voraussetzungen zu den verschiedenen Maßnahmen, die den Übergang von der Schule in den Beruf erleichtern.
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