Prien a.Chiemsee — Bayerns Fahrschulen stehen unter Druck: Fahrlehrermangel, Bürokratie, extreme Kostensteigerungen und Digitalisierung belasten die Branche enorm. Gleichwohl ist eine fundierte Ausbildung zum Pkw- und Motorrad-Führerschein wichtiger denn je für sichere Mobilität, weiß Josef „Sepp“ Heindlmeier, Geschäftsinhaber der Chiemgauer Fahrschule Heindlmeier mit Standorten in Prien a.Chiemsee, Rimsting und Eggstätt. Die Profession des Fahrschullehrers faszinierte den agilen 53-Jährigen bereits als Jugendlichen. Da er seinen Beruf als Berufung versteht, bleibt er auf dem neuesten Ausbildungsstand, etwa mit einem Fahrsimulator, der die Grundlagen in zwölf Fremdsprachen vermittelt. Im Interview mit Dr. Olaf Konstantin Krueger erklärt Josef Heindlmeier den Stellenwert des B197-Führerscheins, wie seine Fahrschule eine qualitativ hochwertige Führerscheinausbildung sichert und was ihn und seine Lebensgefährtin Natalie am ikonischen Motorroller Vespa fasziniert.
Herausforderungen
Verkehrsteilnehmer und Fahrschulen stehen vor einer Vielzahl neuer Herausforderungen. Einerseits hat sich der Straßenverkehr erheblich verkompliziert. Das liegt an der Zunahme des Verkehrsaufkommens, der Vielfalt der Verkehrsteilnehmer und neuen Technologien. Beispielsweise verändern Fahrerassistenzsysteme und teilautonomes Fahren die Interaktion zwischen Mensch und Maschine, alternative Fortbewegungsmittel wie E-Scooter und Pedelecs erfordern erhöhte Wachsamkeit. Zur Komplexität tragen auch veränderte Mobilitätsmuster durch Carsharing und Ride-Sharing sowie die Förderung der Elektromobilität einschließlich der dazu notwendigen Ladeinfrastruktur bei. Die Notwendigkeit, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und die Verkehrssicherheit zu erhöhen, führen zu zusätzlichen rechtlichen Rahmenbedingungen.
Andererseits sind die Fahrschulen stark herausgefordert. Ein zentrales Problem ist der Fahrlehrermangel, der durch attraktive Karrierealternativen in den Bereichen Verkehr, Mobilität, Bildung und Coaching, den demografischen Wandel sowie die Belastungen im Job verstärkt wird. Dies führt zu Wartezeiten für Fahrschüler und Kapazitätsengpässen in den Fahrschulen, was die Qualität der Ausbildung beeinträchtigen kann. Die Fahrschulen ringen zudem mit steigender Bürokratie und zunehmender Regulierung: Komplexe und sich ständig ändernde Gesetze sowie ein hoher Dokumentationsaufwand führen zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand und potenziellen Fehlern bei der Umsetzung der Vorschriften. Die fortschreitende Digitalisierung verlangt obendrein die Anpassung an neue Technologien und Lernmethoden sowie Investitionen in digitale Systeme.
Steigende Kosten, insbesondere für Kraftstoff und Fahrzeuge, sowie der zunehmende Konkurrenzdruck durch neue Geschäftsmodelle und die Anzahl von Billig-Fahrschulen, welche sehr schnell am Markt wieder verschwinden, setzen die Branche zusätzlich unter Druck. Die Nachwuchsgewinnung gestaltet sich schwierig bei sinkender Schülerzahl und verändertem Freizeitverhalten junger Menschen. Ein weiteres Problemfeld sind die unterschiedlichen Qualitätsstandards der Fahrschulen, die Fahrschüler beunruhigen können: Verkehrssicherheit und Elektromobilität verändern Ausbildungsinhalte rasant und ziehen Investitionen in Elektrofahrzeuge nach sich. Schließlich müssen sich die Fahrschulen auch der Herausforderung der Inklusion stellen und ihre Ausbildung und Räumlichkeiten barrierefrei gestalten.
Während der Corona-Krise mussten Fahrschulen auch noch diverse restriktive Maßnahmen befolgen: Bereitstellen von Desinfektionsmitteln, Einhalten von Abstandsregeln, Maskenpflicht und Lüftungsgebot in geschlossenen Räumen und Fahrzeugen, Begrenzung der Teilnehmerzahl im Theorieunterricht respektive Umstellung auf Online-Unterricht, in der praktischen Ausbildung verschärfte Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen für Fahrzeuge sowie Verzicht auf Begleitpersonen. Lehrer wie Schüler waren aufgefordert, bei Symptomen daheim zu bleiben. Die Kontaktdaten wurden erfasst und zeitweise galt eine Testpflicht zum Nachweis von SARS-CoV-2. Sofern überhaupt staatliche Hilfen gewährt wurden, mussten die Fahrschulen diese wieder zurückzahlen.
Fahrschule Heindlmeier im Chiemgau
Im Chiemgau ist die renommierte Fahrschule Heindlmeier bekannt für ihre ansprechende und qualitativ hochwertige Pkw-, Lkw-, Traktor- und Motorrad-Führerscheinausbildung. An den drei Standorten in Prien a.Chiemsee, Rimsting und Eggstätt werden die Schüler von zwei Fahrlehrerinnen und zwei Fahrlehrern sowie einem ehemaligen Fahrlehrer und einem Büroangestellten betreut. Geschäftsinhaber Josef „Sepp“ Heindlmeier ist 1971 in Kolbermoor geboren, in Rosenheim aufgewachsen und hat in Rohrdorf gelebt, ehe er nach Eiselfing zog. Die Profession des Fahrschullehrers hat Heindlmeier „immer schon“ fasziniert. Als sein Zwillingsbruder Franz Heindlmeier 1999 in München die Ausbildung zum Fahrlehrer abgeschlossen hat, folgt ihm Josef zehn Jahre später. Zunächst Fahrlehrer für Pkw in der Fahrschule Entholzner, wird er in der Folge auch Fahrlehrer für Motorräder (Führerscheinklasse A) sowie Lastkraftwagen (Klasse C/CE) und übernimmt 2018 die ehemaligen Fahrschulen der Fahrschule Entholzner.
Seine Freizeit verbringt der Vater der heute 21-jährigen Tochter Laura-Sophie Heindlmeier am liebsten mit seiner Lebensgefährtin Natalie, die eine der Fahrlehrerinnen in der Fahrschule ist und für ihn „stützende Kraft“. An schönen Sommertagen sind beide oft auf ihrer honigfarbenen Vespa GTS 300, Spitzname „Calimero“, im Landkreis Rosenheim unterwegs, etwa als Tagesausflug von Eiselfing nach Kufstein oder rund um den Gardasee. Denn: „Rollerfahren ist einfach schee.“ Man gelange so an Stellen, zu denen man mit dem Auto nie komme. Außerdem spielt Josef Heindlmeier in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne Schlagzeug.
Was für ihn den Reiz seines Berufes ausmacht, erklärt Heindlmeier griffig: „Fahrlehrer zu sein, ist eine Berufung.“ Der Führerschein sei ein wichtiges Ereignis im Leben der meist jungen Menschen und er habe das Privileg, sie auf dem Weg dahin begleiten zu können. Allerdings sei der Beruf auch anstrengend, weshalb mancher Fahrlehrer nach rund vier Jahren aufgebe. Für Heindlmeier jedoch ist neben der reinen Wissensvermittlung der „Spaß am Steuer“ wichtig: „Der Schüler steht im Mittelpunkt. Er gibt das Lerntempo vor.“ Die Ausbildung müsse solide sein, ein Leben lang halten. Heißt: „Der Schüler muss sich auf die Fahrschule freuen.“ Dazu bewege Heindlmeier „sämtliche Hebel“, biete „sehr hohen Service“ in der Fahrausbildung. Den Motorrad-Führerschein machten wiederum auch Menschen mittleren Alters, etwa weil der Partner einen besitze oder weil die Kinder aus dem Haus seien und so Zeit für ein neues Hobby vorhanden sei. In der Motorradausbildung setzt er sich auch sehr gerne selbst aufs Motorrad (Bike-to-Bike), um den Lernerfolg der Fahrschüler zu erhöhen.
Pkw-Fahrerlaubnis im Blick
Im Zentrum stehe indes der B197-Führerschein. Er belegt die Ausbildung für Fahrzeuge sowohl mit Automatikgetriebe als auch mit Schaltgetriebe, wodurch Fahrschüler große Flexibilität erlangen. Im theoretischen Teil der Ausbildung werden neben den obligatorischen Inhalten auch die spezifischen Unterschiede zwischen den Getriebearten behandelt. Der praktische Teil sieht vor, dass ein Großteil der Übungsstunden auf Automatikfahrzeugen absolviert wird. Zusätzlich sind jedoch mindestens zehn Fahrstunden auf Schaltwagen sowie eine abschließende, 15-minütige Testfahrt mit dem Fahrlehrer vorgeschrieben. Sonderfahrten, wie Überland-, Autobahn- und Nachtfahrten, können sowohl mit Automatik- als auch mit Schaltgetriebe absolviert werden. Die praktische Prüfung selbst wird auf einem Automatikfahrzeug abgelegt. Ein entscheidender Vorteil des B197 liegt in der Flexibilität, die er seinen Inhabern bietet: Sie dürfen sowohl Automatik- als auch Schaltwagen fahren. Das schließt Elektroautos mit Automatikgetriebe ein.
Damit zu Ausbildungsbeginn der Stress reduziert wird, hat die Filiale in Rimsting seit zweieinhalb Jahren einen Fahrsimulator. Dieser ist keine Spielekonsole, betont Heindlmeier: Die Übungseinheiten für die ersten sechs Fahrstunden seien didaktisch mit Grob- und Feinzielen aufgebaut und könnten in zwölf Sprachen vermittelt werden. Gebucht werden können die Fahrstunden über die Schüler-Lern-App oder im Büro.
Der erfahrende Geschäftsinhaber sieht mehrere Friktionen, auf die seine Fahrschule reagiere. Obschon der Straßenverkehr komplexer geworden sei, kämen die jungen Fahrschüler mit immer weniger Vorkenntnissen in die Fahrschulen, weshalb sie immer mehr Fahrstunden benötigten. Grund: Tablet, iPhone und Smartphone würden dazu beitragen, dass selbst auf Mitfahrten kaum noch auf den Verkehr geachtet werde. Die Verteuerung einer Fahrstunde der Klasse B auf derzeit 65,55 Euro plus 19 % Mehrwertsteuer „liegt am enormen Kostendruck“ durch Bürokratie, Lohngefüge, Kfz-Versicherungen und Reparaturen. Selbst die Leasingrate eines E-Autos wie des VW ID.5, der seit Frühjahr 2022 auf dem Markt ist, sei von anfänglich 550 Euro/Monat auf fast das Doppelte angestiegen. Dennoch bleibt Josef Heindlmeier „leidenschaftlicher Fahrlehrer“ und zuversichtlich: „Für mich ist es ein Geschenk und wichtiger Auftrag, Menschen für die Mobilität auszubilden.“ Dafür biete sich der Chiemgau geradezu an.
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