Im Interview mit Marion Kellner gibt Peter Kloo Einblicke in seine Arbeit als Erster Bürgermeister.
Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie, insbesondere für die Wirtschaft und die Kultur?
Grundsätzlich ist es ja so, dass wir bei diesem Themenfeld laufend neue Erfahrungen machen und nicht wissen, wie lange wir noch mit diesem Ausnahmezustand umgehen müssen. Daher ist es für eine abschließende Beurteilung noch viel zu früh und der endgültige Schaden für die Wirtschaft noch schwer abschätzbar. Wie in jeder Krise gibt es auch bei Corona Gewinner und Verlierer. Schwer zu kämpfen haben in unserer Region natürlich die Gastronomie, das Beherbergungsgewerbe und sämtliche touristischen Dienstleister allgemein samt deren Zulieferern.
Die Corona-Pandemie hat aber auch mehr deutlich gezeigt, wo wir in unserem Land strukturelle Schwachstellen und Problemzonen haben. Die Arbeitsbedingungen in Großschlachthöfen und bei den saisonalen Erntehelfern sind schon ohne Corona an manchen Orten skandalös gewesen und haben nun zu großen Problemen geführt. Wie vor 10 Jahren bei der Finanzkrise zeigt sich auch jetzt erneut, dass die Wirtschaft in Kolbermoor breit und vielfältig aufgestellt ist und so in Summe auch stabiler bei Krisen als dies woanders der Fall ist.
Sorgen bereitet mir natürlich wie wohl allen Bürgermeister-KollegInnen der Bereich von Brauchtum und Kultur. Ob Kino,. Konzert- oder Theaterabend – es fehlt das gemeinsame Erleben und das gesellige Miteinander. Dies führt nicht zuletzt zu einer starken Vereinsamung in Teilen der Gesellschaft, gerade auch bei der älteren Generation. Zudem haben viele Menschen auch ihr Auskommen im Bereich Kultur. Das sind neben den Künstlern selbst auch viele Menschen, die bei Veranstaltungen hinter den Kulissen dafür sorgen, dass es ‚läuft‘: Grafiker, Techniker, Platzanweiser und viele mehr.
Dauerbrenner „Brenner Nordzulauf“. Wie sehen Sie diese Trassenplanung?
Die aktuell vorliegende Trassenplanung sehe ich sehr kritisch und das gilt für alle vorgestellten Trassen, nicht nur für jene, die Kolbermoor direkt betreffen. In unserem hochverdichteten Siedlungsraum oberirdisch verlaufende Bahnstrecken zu planen, ist eine unglaubliche Beeinträchtigung von Natur und dem Lebensraum der Menschen in der Region. Meiner Meinung nach wurde das System Eisenbahn in Deutschland seit der Privatisierung konsequent kaputt gespart. Hier muss schnellstens die Weiche umgestellt werden. Es braucht vor allem ein tragfähiges Konzept für eine zukunftsorientierte Verkehrsverlagerung samt einer raschen Umsetzung von neuen Planungen zur Ertüchtigung der technischen Infrastruktur.
Ein wichtiges Thema ist, wie man aktuell miterleben konnte, der Hochwasserschutz. Sind die Vorkehrungen in Kolbermoor ausreichend für die kommenden Jahre?
Das Hochwasser Anfang August hat gezeigt, dass die in Kolbermoor seit 2013 getroffenen Maßnahmen zum Hochwasserschutz entlang der Mangfall allesamt sehr gut funktionieren. Probleme treten aber weiterhin immer wieder im Bereich der Oberflächenentwässerung auf, bei Hochwasserereignissen genauso wie bei Starkregen und heftigen Gewittern. Hier sehe ich jedoch auch alle Hauseigentümer gefordert, sich noch mehr als bisher um ihre Grundstücksentwässerung zu kümmern und regelmäßig auch in Jahren ohne Hochwasserereignisse zu kontrollieren. So führen etwa verstopfte Gullis oft zu Überflutungen direkt bei den Häusern und in den Kellern.
Was sind die wichtigsten Vorhaben, die Sie in der Gemeinde im nächsten Halbjahr umsetzen wollen.
Aktuell gibt es einige Großprojekte, an denen gearbeitet wird: Darunter fällt natürlich der Neubau der Tonwerkunterführung, eine Maßnahme, die sich die BürgerInnen seit Jahrzehnten wünschen und die nun endlich mit der Bahn umgesetzt werden kann. Mit der veränderten Verkehrsführung mit einem neuen Kreisverkehr direkt an der südlichen Ausfahrt aus der Unterführung haben wir eine Lösung gefunden, die unterschiedlichste Interessen miteinander in Einklang bringt.
Das Wohn- und Geschäftshaus am Rathausplatz hatte im Frühjahr Richtfest (ohne Feier natürlich) und wird in 2021 fertiggestellt. Hier entstehen seniorengerechte Wohnungen in der Innenstadt, für die es einen großen Bedarf gibt.
Das neue Feuerwehrhaus in Pullach wird im Herbst fertig und die Sanierung des Feuerwehrhauses samt Turnhalle in der Stadt läuft planmäßig.
Mitten drin sind wir außerdem bei der Baumaßnahme des letzten Sanierungsabschnitts unserer Historischen Arbeitersiedlung an der Von-Bippen-Straße. Das denkmalgeschützt Ensemble der knapp 170 Wohnungen der ehemaligen Baumwollspinnerei ist für viele Besucher aus Nah und Fern ein wahres Juwel und ein bedeutendes Beispiel gelebter Baukultur..
Im kommenden halben Jahr wird uns natürlich wohl oder übel das Thema Corona weiter beschäftigen. Oft werden hierzu in München im Zeitraffer Entscheidungen getroffen, die wir dann auf kommunaler Ebene umsetzen müssen. Die ist nicht immer so einfach. An dieser Stelle noch ein großes Dankeschön für die Leistungen und das Engagement meiner MitarbeiterInnen in allen Abteilungen in den zurückliegenden fünf ‚Corona-Monaten‘.
Weitere Dauerthemen sind Kindergartenplätze, Radverkehrskonzept und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.
Herr Bürgermeister, vielen Dank für das Gespräch.